GLÜCK von Henrika Kull


In GLÜCK begegnen wir Frauen, die trotz oder gerade wegen dieser Schwierigkeiten einen selbstbestimmten Zugang zu ihrem Beruf haben und z.B. nicht davor scheuen, die finanziellen Vorteile gegenüber der viel geringeren Entlohnung als Verkäuferin einer Textilkette klar zu formulieren. Kulls Einschätzung bringt eine Sichtweise ein, die dem Metier gegenüber oft fehlt, sich im Film aber direkt wiederfindet: „Im Laufe meiner Recherchen und während der Dreharbeiten bekam ich immer mehr das Gefühl, dass die Sexarbeiterinnen sich durch ihre Tätigkeit die Deutungshoheit über ihre Körper zurückerobern und ihn zu einer Ware machen, aus der sie selbst Kapital schöpfen, statt die Ausbeutung dem Patriarchat zu überlassen. Nachdem die systematische Einhegung des weiblichen Körpers Jahrhunderte lang als Methode der Unterdrückung vom Patriarchat missbraucht wurde, erhält Sexarbeit so für mich eine subversive Konnotation“.

GLÜCK erzählt so vieles und lässt dabei überdramatisierende Effekte aus – von einfachen, schönen Momenten, von der Komplexität eines Berufs und von der Herausforderung, sich auf einen anderen Menschen einzulassen. Adam Hoya und Katharina Behrens beeindrucken und inspirieren mit ihren Darstellungen. Diese in den passenden Momenten sicht- und fühlbar zu machen, ermöglicht Carolina Steinbrechers Bildgestaltung, durch die sie schon in Jibril eine beeindruckende Symbiose mit der Arbeit der Schauspieler:innen bewies (auch unter Regie von Henrika Kull). Besonders während vieler Szenen, in denen nackte Frauen- und Männerkörper zu sehen sind, blicken wir stets durch die Linse einer respektvoll und präzise geführten Kamera. Denn in einem Bereich, in dem v.a. weibliche Körper durchaus als Objekte fungieren, eine Bildsprache zu finden, die weder Nacktheit völlig auslässt, noch in Voyeurismus verfällt, gebührt Anerkennung. Dascha Dauenhauers Musik fügt sich ebenso fein in das Gesamtgefüge ein und zeigt zugleich deutlichen Wiederekennungswert (z.B. aus THE CASE YOU). Glück wird – so viel steht fest – während dieser wunderbaren eineinhalb Filmstunden empfindbar gemacht.

Bianca Jasmina Rauch

Der Artikel ist zuerst bei Filmlöwin erschienen.

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