75. Berlinale: VILLAGE ROCKSTARS 2 von Rima Das

Das Leben könnte so schön sein
Dhunu wohnt mit ihrer Mutter und ihrem Bruder in einem assamischen Dorf in Indien. Dort geht sie zur Schule, spricht mit ihren Freundinnen über Jungs und klettert unbeschwert auf Bäume. Sie führt ein normales Leben. Ihre große Leidenschaft ist die Musik. Mit ihrer Gitarre probt sie regelmäßig in einer Band und gibt Kindern aus ihrem Dorf Musikunterricht. Musik ist ohnehin ihr ständiger Begleiter: Sie singt mit ihren Klassenkameradinnen, mit Frauen beim Pflügen der Felder und tanzt mit Freunden in der freien Natur. Doch die Musik, die sie so liebt, wird zunehmend zur Nebensache. Denn Dhunu muss ihren Traum einer Karriere aufgeben und Verantwortung übernehmen: Ihr Bruder trinkt viel, ihre Mutter wird krank und dann ist auch noch das Dorf in Gefahr.
In VILLAGE ROCKSTARS 2, der in der Sektion Generation 14plus zu sehen ist, besteht ein besonderer Zusammenhalt zwischen den Dorfbewohner:innen. Sie gehen friedlich ihrem Alltag und ihren Traditionen nach. Niemand wird von der Gemeinschaft ausgeschlossen. Dhunu ist umgeben von Menschen, die gemeinsam die Felder pflügen, bei Nacht Fische fangen, oder am Lagerfeuer sitzen. In dieser vertrauten Umgebung fühlt sie sich geborgen – sie umarmt ihre Mutter, lacht mit ihren Freunden und findet in der Gemeinschaft Halt.
Im Dorf scheinen die patriarchalen Strukturen aufgeweicht. Die Jugendlichen behandeln einander gleichwertig. Sie verteidigen ihre Freundinnen, als diese mit ihrer Band auf einem Festival nicht spielen dürfen, weil Mädchen nicht zugelassen sind. Als sich ein Mann gegen die Frauen im Dorf ausspricht, stellen sie sich geschlossen gegen ihn. Ein starkes Bild, wenn man bedenkt, dass viele indische Frauen weiterhin unter männlicher Gewalt leiden müssen.
Vor allem sind die Frauen und Mädchen im Film sehr präsent. Sie arbeiten hart, sprechen über ihre verstorbenen Männer und hinterfragen die Musik von Dhunu. Sie können sich nicht vorstellen, dass eine Frau ein Musikinstrument spielt, da sie – hier kommen die traditionellen Rollenvorstellungen doch zum Tragen – ja irgendwann einen Mann heiraten wird. Ihre Mutter sieht das anders und lässt Dhunu all ihre Freiheiten. Zwischen den beiden besteht eine enge Mutter-Tochter-Beziehung.
Die zauberhafte Landschaft verleiht dem Film etwas Beruhigendes, etwas Entschleunigtes. Dhunu ist umgeben von malerischer Natur. Sie fühlt sich mit dem Wasser, den Gräsern und den Bäumen verbunden – stets mit ihrem wunderschönen, besonnenen Lächeln. Viele Szenen verweilen in der Stille, während die Geräusche der Natur den Platz des Menschen einnehmen. Nur die Bagger und gefällten Bäume stören das Bild der fast schon poetischen Idylle.
Der Film VILLAGE ROCKSTARS 2 von Regisseurin Rima Das zeigt berührend und einfühlsam, wie ein Mädchen in einer Welt voller Veränderungen erwachsen wird.
Wenn man VILLAGE ROCKSTARS 2 sieht, fragt man sich außerdem, warum Menschen nicht öfter so respektvoll und liebevoll miteinander umgehen. Dieser Zusammenhalt ist heilend. Gleichzeitig stellt man sich die Frage: Ist es nicht zu schön, um wahr zu sein? Denn Konflikte und Veränderungen gab es schon immer – auch in diesem Dorf. Es kommt eben darauf an, welchen Weg man wählt, um diese Konflikte zu lösen, so wie Dhunu es tut.
Weitere Termine bei der 75. Berlinale
Mittwoch, 19.2.,15:45 Uhr, HKW 1 – Miriam Makeba Auditorium
Freitag, 21.2., Cubix 6
Sonntag, 23.2., Cubix 6