„Am Anfang“ von Josephine Links


"Am Anfang" zeigt die Fragen, die keiner beantworten will. Foto: achtung berlin

„Am Anfang“ thematisiert Fragen, die keiner beantworten will. Foto: achtung berlin

Weil man die Wahl hat, wenn feststeht, dass das Kind nicht gesund zur Welt kommen wird. Eine Wahl zwischen Leben und Tod, die aber niemand treffen möchte. Kein behandelnder Arzt kann den werdenden Eltern diese Entscheidung abnehmen. Eine ethische Leitlinie gibt es nicht. Wer sich trotz vorab diagnostizierter Fehlbildungen für die Geburt seines behinderten Kindes entscheidet, weiß um die große Verantwortung, die es vermutlich ein Leben lang zu tragen gilt. Wer sich dagegen entscheidet, wird fortan von traumatischen Schuld- und Verlustgefühlen begleitet. Fällt die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch, wird das Baby noch im Mutterleib per Injektion getötet. Zwei Tage vergehen, bis die künstliche Geburt eingeleitet wird. Zwei Tage, in denen sich nichts mehr regt und alle Hoffnungen und Wünsche fühlbar erstarrt sind.

Die kleine Matilda lebt, obwohl bereits vor ihrer Geburt das Down-Syndrom bei ihr festgestellt wurde. Matilda ist geistig behindert. Ihre Eltern sind trotzdem glücklich, auch wenn sie noch nicht wissen, wie die Krankheit sich bei ihr im Erwachsenenalter entwickeln wird. Von der kleinen Hanoi existieren hingegen nur Ultraschallbilder, eine kleine Decke, die nie fertig gestrickt wurde und ein einziges Foto, auf dem sie aussieht, als würde sie schlafen. Hanoi hatte große Wassereinlagerungen im Gehirn. Ihre Mutter hat sie tot auf die Welt gebracht. Eine „stille Geburt“. Das Leben von Hanoi passt jetzt in eine kleine Kiste. Keine ersten Schritte, keine ersten Worte. Kein Anfang von etwas Großem. Nur die Erinnerung bleibt.

Ein Kind zu bekommen, ist eine der fundamentalsten Erfahrungen des Lebens. Behutsam, respektvoll und dennoch zum Greifen nah visualisiert Josephine Links die prägenden Monate, in denen neben der Vorfreude auch die Besorgnis ein ständiger Begleiter ist. Auf die Frage nach dem Wert des menschlichen Lebens hat sie auch keine Antwort. Aber sie zeigt, was das Leben lebenswert macht: Schemenhafte Formen auf einem Monitor. Ein Paar, das sich bei den Händen hält. Und das Lächeln einer werdenden Mutter, die gerade erfahren hat, dass „alles in Ordnung“ ist.

Alina Impe

Am Anfang„, Regie: Josephine Links

Am Anfang“ von Josephine Links ist bei den 43. Sehsüchten am Sonntag, den 4. Mai 2014 um 14.30 Uhr im Kino 2 der HFF Konrad Wolf zu sehen.

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