„Kein Großes Ding“ von Klaus Lemke



Der ist nicht nur Hipster, sondern Hyperhipster, was hauptsächlich daran erkennbar wird, dass er sich mit nichts und niemandem arrangieren kann: Für ihn ist Tini kein fleischgewordener Männertraum, sondern die „ästhetische Antithese“ von dem, was Mahmoud künstlerisch vermitteln will. Überhaupt kann er die ganzen „Fakes“ nicht mehr ertragen, die ständig ungefragt in seinem Leben auftauchen. Verständlich, dass Mahmoud den Großteil seiner Zeit mit cholerischen Anfällen verbringt. Selten war eine eigentlich tragische Figur, die mit ihrem widersinnigen Authentizitäts-Credo sich selbst das Leben zur Hölle macht, so amüsant anzuschauen.

Aber was heißt schon Authentizität in einer Metropole, in der auf den Hype stets der Antihype folgt, in der immer alle anderen die Hipster sind (nur man selbst nicht) und in der niemand mehr so recht beurteilen kann, wo cool aufhört und uncool anfängt. Fakt ist: Berlin ist eine Stadt, in der scheißegal und superwichtig sich gegenseitig nicht ausschließen. Vieles ist demnach superscheißegalwichtig. Fast jeder hat ein Projekt, eine Idee oder einen Plan, um sich als Teil dieser urbanen Gemeinschaft von (Über-)Lebenskünstlern zu fühlen – je aussichtsloser das Unterfangen, desto besser.

Klaus Lemkes Film ist „kein großes Ding“, sondern die kleingehaltene und feingezeichnete Karikatur eines Hauptstadt-Mikrokosmos, auf dessen Nährboden Exzentrik und Individualismus ungebremst vor sich hin wuchern. Gerade als jutebeuteltragender Berliner sollte man sich den Film daher unbedingt anschauen. Ein bisschen Selbstironie hat schließlich noch keinem geschadet.

Alina Impe

Kein Großes Ding„, Regie: Klaus Lemke, Darsteller: Thomas Mahmoud, Henning Gronkowski, Tini Bönig, Matthias Lier, Hanni Bergesch, Gregor Biermann, Steffen Borchers, Leila Lowfire, Tom Laterveer

Weiterlesen: Wenn der Filmvorführer den Trailer erzählt – unser Festivalbericht von achtung berlin 2014.

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