„Wie ich lernte, die Zahlen zu lieben“ von Max Taubert und Oliver Sechting


Im Kampf gegen die Phobie: "Wie ich lernte die Zahlen zu lieben". Foto: achtung berlin

Im Kampf gegen die Phobie: „Wie ich lernte die Zahlen zu lieben“. Foto: achtung berlin

Gedanken als Gefängnis

Die 9 ist eine schlimme Zahl. Aber es geht noch schlimmer. Die 58 zum Beispiel. Oder die 6. Beides in Kombination ist tödlich. Genau wie die Farben rot und schwarz. Jetzt muss ganz schnell „neutralisiert“ werden. Eine 7 ist da ganz gut, noch besser aber eine 100. Und die böse Strahlung von rot und schwarz bekämpft man am besten mit weiß. Sobald bestimmte Gegenmittel gefunden sind, verlangsamt sich der Puls und die Welt ist – wortwörtlich – wieder in Ordnung. Bis neue bedrohliche Zahlen und Farben auftauchen und der Teufelskreis von vorne beginnt.

Oliver Sechting leidet an sogenannten magischen Zwangsgedanken. Nahezu ununterbrochen bevölkern sie seinen Verstand und zwingen ihn dazu, jede noch so kleine Veränderung in seiner Umwelt als hochgradig gefährlich zu interpretieren. Die irrationale Annahme, dass zukünftige Katastrophen bereits als bedrohliche Omen in Form von Zahlen, Farben oder Objekten in der eigenen Umgebung lesbar werden, folgt ihm auf Schritt und Tritt. Oliver weiß, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen diesen Dingen besteht. Trotzdem kämpft und verliert er jeden Tag aufs Neue gegen sein selbstgeschaffenes Gedankengefängnis.

Dabei könnte er so viel glücklicher sein. Oliver lebt seit Jahren in einer harmonischen Partnerschaft mit Rosa von Praunheim und arbeitet selbst als Filmemacher und Autor. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen Max Taubert reist er nach New York, um eine Dokumentation über die dortige Künstlerszene zu drehen. Doch sein permanentes zwanghaftes Bestreben, dem weltlichen Chaos durch eine vermeintliche Zahlenlogik Einhalt zu gebieten, stellt nicht nur die Freundschaft zu Max auf eine harte Probe, sondern gefährdet auch das gemeinsame Filmprojekt.

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