14 Films: „Neon Bull“ (OT:“Boi Neon“) von Gabriel Mascaro
Rodeos, Stiere, Deponien und Trucks
2014 erhielt Gabriel Mascaro in Locarno für seinen Film „Ventos de Agosto“ schon eine Lobende Erwähnung. Jetzt hatte der aus Brasilien stammende Regisseur seinen Film, der 2015 in Venedig in der Sektion Orizzonti den Spezial Preis der Jury gewann, auch für das 56. Cartagenas Film Festival im Gepäck. Ein kleines cineastisches Juwel, das mit seinen 101 Minuten wohl den bisher längsten Applaus im diesjährigen Festival erhielt.
Durch den rauen Nord-Osten Brasiliens ziehen eine Handvoll Cowboys mit ein paar Bullen zum Vaquejadas, einem traditionellen Rodeo, bei dem sich jeweils zwei Cowboys bewähren, indem sie auf dem Rücken ihrer Pferde sitzend einen Bullen am Schwanz ziehend zu Boden bringen. Wie Nomaden reisen sie von einem Rodeo zum anderen. Zu ihnen zählen Cacá – ein Mädchen, dass ebenso gut fluchen kann wie die Männer der Truppe, ihre junge Mutter Galega – eine Frau, die ihren Ehemann schon vor Jahren verlor, Zé – ein übergewichtiger und pornosüchtiger Cowboy, und Iremar, der dramatische Held der Geschichte – ein muskulöser und hart aussehender Cowboy, mit ungewöhnlicher Vorliebe für Mode-Design. Mascaros dörflich gezeichnetes Brasilien ist eine mit stillgelegten Gewerbegebäuden und offenen Deponien verstopfte Einöde, die von Figuren bevölkert wird, die davon träumen anders zu sein und ein unerreichbares Leben zu führen. Cacá träumt vom eigenen Pferd, während sie ihre Hände täglich mit Bullendünger beschmutzt. Galega wäre gern Tänzerin, performt bislang aber nur in expliziten Burlesque-Posen vor frivol kreischenden Cowboys. Iremar hingegen sammelt in seiner Freizeit defekte Schaufensterpuppen und entwirft seine Modebilder direkt auf Zeds Pornobildvorlagen.