CLUB ZERO von Jessica Hausner


CLUB ZERO © Neue Visionen Filmverleih
CLUB ZERO © Neue Visionen Filmverleih

Kein Club zum Dazugehören

Size Zero. Das hehre Schönheitsideal der 90er mit Kate Moss und wie sie alle hießen. Keine love rolls, fit und kontrolliert, bis in den Substanzmissbrauch hinein. Jessica Hausner hat schon recht, dass sie dem titelgebenden Club, zu dem am Ende ja doch alle gehören möchten, so nennt. Schließlich haben uns die 90er und ihr Schönheitsideal- das natürlich auch das Schönheitsideal der 20er und anderer Epochen war – nie wirklich verlassen. Werbung und Medien mögen uns zwar vorgaukeln, dass wir mit Konzepten wie Body Positivity oder Body Neutrality, vollschlanken Models mit Sommersprossen und so weiter neue Körperideale erschlossen haben, aber Skinnyness rules immer noch am besten, man bemühe die aktuelle Oscargewinnerin Emma Stone.

Jessica Hausners CLUB ZERO ist allerdings noch ein bisschen exklusiver als die durchschnittliche Diät- oder auch Intervallfasten-Peer-Group. Mia Wasikowska als die „Clubleitung“ aka neue Ernährungslehrerin Frau Novak am wohlstandsverwahrlosten Elite-Internat lässt nur Schüler*innen in ihrer Klasse zu, die den rigorosen Regeln folgen. Erst heißt es langsam speisen, dann das Essen so lang anschauen, bis man satt wird und schließlich ganz drauf verzichten – aber der letzte Schritt ist wirklich nur den ganz Auserwählten vorbehalten. Dafür muss und darf man nur ihr vertrauen, ihr glauben, die Zweifel – und damit den Rest der Gesellschaft – hinter sich lassen.

Wie das mit dem Glauben funktioniert, das interessiert Jessica Hausner schon lang. Und sie hat ein paar spannende Filme darüber gemacht. Zum Beispiel den klaustrophobisch-atmosphärischen Psychohorror HOTEL, oder auch LOURDE mit einer fantastischen Sylvie Testud, der anschaulich zeigt, wie der Glaube instrumentalisiert werden kann, aber auch, wie er überhaupt Lebenskraft verleiht.

Lebenskraft und Freude – sie ist in CLUB ZERO quasi abwesend, deswegen kann Kultführerin Frau Novak auch mit ihrem Konzept so durchstarten. Alle sind tief unglücklich, fühlen sich missverstanden von den Eltern, verzweifeln an der Klimakrise oder einfach nur dem eigenen Aussehen. Sie hat leichtes Spiel. Zu leichtes.

Die Art und Weise, wie die Ernährungsfanatikerin die Schulleiterin (unterfordert: Sidse Babett Knudsen) im Nu für sich einnimmt, die Eltern überzeugt – und schließlich, wie die Eltern einfach ihre Kinder (Achtung Spoiler!) aufgeben – ist, Satire hin oder her, völlig an den Haaren herbeigezogen. So verantwortungslos würden die völlig überzeichneten Pseudo-Intellektuellen, Neureichen und Wir-meinen-alles-doch-nur-Gutmenschen selbst in der schlechtesten aller Welten nicht agieren.

Die Unglaubwürdigkeit des Plots, und das Gefühl, dass in diesem Werk unterschiedliche Filmideen stecken, die aber nicht sinnvoll zueinander finden (es sind mindestens vier Themen, die Hausner groß angehen will: Essstörung, Sekten, Achtsamkeit und Wohlstandsverwahrlosung), sie lassen diesen CLUB ZERO ganz schön blutleer erscheinen, und ganz schön unlustig. Wer hier dazu gehören möchte, das ist Tatsache ein Rätsel.