„Draußen ist Sommer“ von Friederike Jehn
Kindliche Verantwortung
Alles beginnt mit einem Umzug aus dem urbanen Stuttgart in ein idyllisches Haus mit charmant verwildertem Garten in der Schweizer Provinz. Die fünfköpfige Familie ist euphorisch, scheint hier der perfekte Ort für sie zu sein. Die Eltern der 14-jährigen Wanda (Maria-Victoria Dragus) erhoffen sich viel vom Leben in der Schweiz mit ihren drei Kindern. Vor allem die Probleme, die es in der Ehe der beiden zuvor gegeben hat, sollen nun endlich Geschichte sein. Während für Vater Joachim (Wolfram Koch) feststeht, dass der erste und brütend heiße Sommer im neuen Haus großartig wird, holt sie die Vergangheit ein.
Als eines Abends das Telefon klingelt, gerät die Situation unmittelbar ins Wanken. Anna (Nicolette Krebitz), Wandas Mutter, nimmt den Anruf entgegen, bei dem niemand in der Leitung ist. Sofort packt sie ein böser Verdacht, vom dem auch Wanda und ihre Geschwister mitbekommen: die Geliebte, die ihr Mann in Deutschland hatte, lässt ihn weiter nicht in Ruhe. Die Familienmutter merkt, dass sie die Affäre ihres Mannes in Deutschland nicht wie erhofft verdrängen kann. Zu allem Überfluss findet sie einfach keinen Job im neuen Land.
Auch die Kinder selbst plagen Probleme in ihrem neuen Umfeld. Wanda versucht bei Schulkameraden im Freibad Anschluss zu finden und würde gerne den attraktiven Bademeister auf sich aufmerksam machen. Während ihre Schwester Miss Sophie versucht neue Freundschaften aufzubauen, verstummt das stille Nesthäkchen Bubi bald komplett. Die nur scheinbar altersbedingten Nöte scheinen ganz woanders ihre Ursache zu haben. Da sich die Eltern mit ihren eigenen Problemen beschäftigen und die Situation weiter zuspitzt, übernimmt die junge Wanda kurzerhand die Verantwortung für sich und ihre beiden jüngeren Geschwister.
Während sich in Wandas Familie die Probleme auftürmen, beobachtet sie aus der Ferne mit einem Fernglas sehnsuchtsvoll die heile Welt der Nachbarsfamilie. Sie ahnt, wie ein „normales“ Familienleben aussehen mag. Immerhin wohnt in ihrer Nachbarschaft dieser Junge, der ihr etwas seltsam vorkommt. Nachdem sie in der Schule nicht recht Anschluss findet, sucht das Mädchen Zuflucht bei ihm, ohne zu ahnen, dass er ihr bedrohlich nahe kommen wird.
Als die Teenagerin ihre Eltern am meisten braucht, sind diese schon wieder vollkommen in ihren Problemen gefangen. Mutter Anna isoliert sich in ihrem Trübsinn immer mehr von der Familie und ihr Vater resigniert. Als ihre Familie kurz vor dem Kollaps steht, zeigt auch die sonst so starke Wanda Schwäche. Statt wie ihre Eltern in Lähmung zu verfallen, zieht sie Konsequenzen und zwingt die ganze Familie zu einer Klärung an den Tisch.