„Beasts of the Southern Wild“ von Benh Zeitlin
Ein Schatz am Ende des amerikanischen Regenbogens
Regisseur Benh Zeitlin ist mit seinem Debütfilm „Beasts of the Southern Wild“ ein großer Wurf gelungen. Den Großen Preis von Sundance hat er genau wie die Camera d’Or in Cannes eingeheimst, Kritiker und Publikum bleiben verzückt zurück. Das Fantasy Filmfest rückt sein Außenseiterdrama mit einem Centerpiece Screening ins Zentrum der Aufmerksamkeit der fantastischen Filmkollektion.
Zeitlin siedelt seine biblisch-apokalyptische Geschichte, die die sechsjährige Hushpuppy (von der verzückenden Quvenzhané Wallis gespielt) aus dem Off zum Besten gibt, im Mississippi-Delta Louisianas an. Bathtub nennen die Bewohner ihre Heimat. Für sein Debüt machte Zeitlin sie zu Schauspielern. Mit ihrer Hilfe zeichnet er das Bild einer archaischen Parallelgesellschaft, die nichts mit dem doch ach so fortschrittlichen Amerika gemein hat. Wir tauchen ein in die Welt vom Leben ausgespuckter, die in diesen Ort gespült wurden.
Einer dieser schwitzenden, dreckigen Rednecks ist der resolute Wink (Dwight Henry). Er versucht seine kleine Tochter Hushpuppy auf all das vorzubereiten, was das raue Leben in der ungezähmten Umgebung für sie bereithält. Dafür muss das Mädchen ein ganzer Kerl sein, genau wie er. Trinken, Armdrücken und Krabben mit den bloßen Händen brechen. Obgleich Menschen wie Hushpuppy und ihr Vater nur „ein winziges Teil eines sehr großen Universums“ sind, wie die Kleine sinniert, gilt es sich der unbesiegbaren Natur mutig entgegen zu stellen – selbst wenn schmelzende Polkappen Ur-Monster in die Freiheit entlassen. Fiese wildschweinartige Viecher mit Büffelfell und Mammutstoßzähnen, so groß, wie sie sich ein kleines Mädchen in den schlimmsten Alpträumen auszumalen vermag. Wie von Wink eingebläut, stellt sich Hushpuppy jedem Feind, den die unbändige Natur ihr entgegenstellt. In ihren wankenden, von Stelzen getragenen Häusern harren die Bathtuber der Dinge, als sich der lange prophezeite Sturm über das Land hermacht und sintflutartig alles dem Boden gleichmacht: Überleben als Triumph der eigenen Kraft, des unbändigen Willens. Wen die Natur nicht besiegen kann, lässt auch die Obrigkeit kalt, die die Überlebenden aus den überfluteten Sümpfen evakuieren will. Erst als eine merkwürdige Krankheit Wink ereilt, stößt Hushpuppy an ihre Grenzen.
Zeitlins hochdekoriertes Werk begeistert sein Publikum, indem er es – durch Kinderaugen blickend – in eine unbekannte Welt entführt. Die Sümpfe Louisianas erscheinen so fremd, dass dort der Schatz am Ende des Regenbogens ebenso warten könnte, wie fantastische Eiszeit-Monster, die nur von einem zuckersüßen Mädchen mit Lockenkopf besiegt werden können. Die entzivilisierten Bewohner seines Bathtubs wurden von der Zeit vergessen und wehren sich standhaft, wieder von selbiger eingeholt zu werden. Als tapferste von allen kämpft Hushpuppy gegen all die Unwägbarkeiten an.
Denis Demmerle
„Beasts of the Southern Wild„, Regie: Benh Zeitlin, DarstellerInnen: Quvenzhané Wallis, Dwight Henry, Kaliana Brower, Levy Easterly, Lowell Landes, Kinostart: 20. Dezember 2012,
DVD-Verleih ab 29. April 2013 &
Kauf-DVD (und BluRay) ab 7. Mai 2013