„Mi gran noche“ („My big night“) von Álex de la Iglesia


Mi gran noche“ erinnert an „Ginger e Fred“ von Federico Fellini und kann in ähnlicher Dichte der Inszenierung und des Humors überzeugen. De la Iglesia gelingt eine amüsante Parodie auf das Fernsehen und insbesondere auf die vermeintlich in Realzeit gesendeten Abendshows wie sie im spanischen und italienischen Fernsehen noch heute beliebt sind. Eindeutig glaubt man in der Figur des Alphonso, Julio Iglesias zu erkennen, dem der Schauspieler und selbst Sänger Raphael, der in Spanien einen ähnlichen Status wie Iglesias inne hält, auch äußerlich ähnelt. Hier wird das Divenhafte des Musikers sowie sein verbitterter Versuch, sich im Zentrum der Aufmerksamkeit zu halten, lächerlich gemacht. Seinem Antagonisten Adanne tritt er mit Arroganz und Sabotageversuchen entgegen, die der Erstere in seiner etwas beschränkten Art als väterliche Zuwendung missversteht.

Auch Adanne entspricht perfekt dem Typus des schmalzigen Latinlovers wie ihn Enrique Iglesias oder Ricky Martin verkörpern. Die Lieder, mit denen die beiden Künstler im Film auftreten, stammen zum einen aus den Federn von De la Iglesia, Guerricaechevarría und Darsteller Alphonso selbst. Sie beinhalten alle Elemente, die für die jeweiligen Genres von Bedeutung sind, von anzüglich über romantisch bis zu pathetisch und melancholisch.

Im Film geht es zu wie in einem Taubenschlag, eine Szene reiht sich an die andere. Gleich mit dem Vorspann zieht es den Zuschauer in die turbulente Handlung, er glaubt sich vielfach auf einem Karussell, dessen Lauf ständig an Geschwindigkeit zunimmt. Keine Minute bleibt ungenutzt, es besteht keine Möglichkeit sich auszuruhen, während man auf die nächste Pointe wartet. De la Iglesia verpflichtet hervorragende Darsteller mit Charaktergesichtern und komischem Talent. Unvergessen bleiben unter anderen die Figuren des einen Komparsen (Enrique Villén), der unter seinem Tisch heimlich Alkohol verkauft und sich in die Samenraubaffäre des Adanne einklinkt oder insbesondere des Komplizen (Jaime Ordóñez) von Alphonsos Sohn, der in einer Probeaufnahme eines der Lieder des Meisters singen soll und zu unerwarteter Hochleistung anläuft.

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Mit „Mi grand noche“ fügt De la Iglesia seinem Repertoire zweifelsohne ein weiteres Meisterwerk hinzu. Er verzichtet darinauf seine Vorliebe für die Mischung zwischen Humor und Gewaltorgie, was ihn bisher kennzeichnet, ohne dass der Film allerdings an Eindrücklichkeit oder Originalität verliert, im Gegenteil: Er profitiert davon.

Teresa Vena

Mi grand noche“ („My big night„), Regie: Álex de la Iglesia, Darsteller: Raphael, Mario Casas, Pepón Nieto, Blanca Suárez, Carlos Areces, Luis Callejo, Jaime Ordóñez, Hugo Silva, Carolina Bang, Carmen Machi, Carmen Ruiz, Santiago Segura, Enrique Villén, Terele Pavez, Marta Guerras

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