„Dos disparos“ von Martín Rejtman


In „Dos disparos“ entwickelt Martin Rejtman das Zustandsbild einer Familie, die durch gewisse Kommunikationsprobleme geprägt ist. Entscheidungen werden nicht besprochen, sondern einfach in die Tat umgesetzt. Konflikte brechen nie offen aus, die Situation wird vielmehr in stoischer Demut akzeptiert. So ergeht es beispielsweise Mariano (Rafael Federman) mit dem aufgezwungenen Mobiltelefon, das ununterbrochen klingelt, von ihm aber nicht abgestellt wird, weil die Mutter (Susana Pampin) es so haben will.

Wie gewissermaßen tragisch die Grundkonstellation der Handlung auch sein mag, so wirkt der Film, neben einem Zug ins leicht Märchenhafte, auf weite Strecken auch komisch. Das Scheitern im Kleinen wird zur Quelle eines absurd-trockenen Humors, der durch Wiederholungen und Ausparungen funktioniert und an Robert Walser oder Kafka erinnert. Das unterkühlte, duldsame Gesicht Marianos setzt sich dem kleinkarierten Verhalten der beiden älteren Quartettmitglieder entgegen und das ständig unmotivierte Klingeln des Telefons fungiert als unfreiwillig-komisches Leitmotiv.

Dos disparos“ hat eine handlungsarme, episodische Struktur, argumentiert nüchtern und verzichtet auf untermalende Musik. Trotzdem hält sich die Spannung. Der Zuschauer verharrt in der Erwartung, dass sich der Selbstmordversuch Marianos noch einmal wiederholen könnte. Doch bleibt dies unwichtig, denn der Film überzeugt durch eine straffe Inszenierung, Dichte der Gedanken und den Verzicht auf oberflächliche Dramatisierung der Handlung.

Mit „Dos disparos“ stellt sich Rejtman in eine stilistische Linie des neuen argentinischen Films, zu der man etwa auch Mariano Cohns und Gaston Duprats „El hombre de al lado“ (2009) und Sebastián Borenszteins „Un cuento chino“ („Chinese zum Mitnehmen„, 2011) zählen kann.

Teresa Vena

Dos disparos„, Regie: Martín Rejtman, Darsteller: Rafael Federman, Susana Pampin, Benjamín Coehlo, Manuela Martelli, Laura Paredes

Termine beim „Nuevo cine argentino“ im Haus der Kulturen der Welt:
Sonntag, 13. September 2015 um 20 Uhr in Anwesenheit des Regisseurs
Samstag, 19. September 22 Uhr

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