„Oktober November“ von Götz Spielmann


Sonja (Nora von Waldstätten) legt ihre Affäre (Samuel Finzi) ab. © coop99/ Spielmann Film

Sonja (Nora von Waldstätten) legt ihre Affäre (Samuel Finzi) ab. © coop99/ Spielmann Film

Vom Unglücklichsein

Die junge Schauspielerin Sonja (Nora von Waldstätten) steht vor dem Spiegel der Restaurant-Toilette, um sich frisch zu machen, als eine Frau sie unvermittelt anspricht und ihr Kinder-Fotos zeigt. Etwas irritiert bescheinigt Sonja der Unbekannten, dass ihr Nachwuchs „lieb“ aussehe. Momente später klatscht die gar nicht mehr harmlose Mutter der verdutzten Aktrice eine Ohrfeige ins Gesicht und beschimpft sie auf das Übelste. Die Furie ist die gehörnte Ehefrau von Sonjas zuletzt abgelegter Affäre. Mehr als eine Affäre lässt die junge Frau nicht zu, sie schottet sich ab, ehe jemand hinter ihre Fassaden blicken könnte. Fassaden, Plural. Nicht nur vor der Kamera schlüpft Sonja in Rollen, auch im Leben wechselt sie mühelos zwischen der freundlichen Kollegin, dem unterkühltem Star und der abenteuerlustigen kleinen Schwester hin und her. Nur alleine gönnt sie sich unbeobachtete Momente eines Traurigseins, dessen Ursprung ihr unerklärlich und fremd ist.

Als sie von ihrer älteren Schwester Verena (Ursula Strauss) erfährt, dass der Vater (Peter Simonischek) ans Herzproblemen leidet, macht sie sich in die lange ignorierte Heimat auf, um nach der Familie zu sehen. Verena lebt mit Mann und Kind im Haus des Vaters. Seit dem Tod der Mutter kümmert sie sich um den alten Herrn und das elterliche Gasthaus. Das heimische Alpenidyll hat sie nie verlassen. Nur in den Armen des wortkargen Landarztes (Sebastian Koch) entflieht sie ihrem von Verantwortung und Zuständigkeit geprägtem Sein. Die Lebensentwürfe der Schwestern könnten unterschiedlicher kaum sein. Während ein trister November den goldenen Oktober ablöst, reißen bei der Familienzusammenkunft alte Wunden wieder auf – so sicher, wie die eben noch gülden schimmernden Blätter im Herbst fallen müssen.

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