„Oktober November“ von Götz Spielmann



Eben diese Familie, diese kleine Lebensgemeinschaft, die die menschliche Existenz bestimmt, steht im Zentrum von Götz Spielmanns „Oktober November„. Der österreichische Regisseur entspinnt in dem Heimatdorf der Familie ein leises und doch ungemein wuchtiges Psychogramm seiner Protagonisten, indem er deren Konflikte zwar auf kleiner Flamme, aber doch stetig weiter Hochkochen lässt. Bald werden aus stummen, unterdrückten Vorwürfen laute. Die Kränkungen sitzen so tief, dass sie dem Gegenüber entgegen geschrieen werden müssen, wenn sie zum Vorschein kommen.

Als treibende Kraft dieser Entfesselung tut sich ausgerechnet der Vater hervor, der seine Krankheit nutzt, um die alten Muster des herrischen Patriarchen abzulegen, als der er dominant seiner Familie vorstand. Während sich die Schwestern um ihn kümmern, müssen sie näher aneinander rücken und sich der anderen stellen. Nur so haben die beiden eine Chance sich selbst zu akzeptieren und vielleicht sogar die Hindernisse zu überwinden, die ihrem Glück im Weg stehen.

Die große Qualität von Spielmanns Familiendrama sind die sorgsam ausgearbeiteten Figuren, aus denen heraus er beinahe unmerklich und mit großer Bedacht sorgfältig sein Drama entwickelt. Das wohl gehütete Familiengeheimnis und noch weniger die kurze mystische Verklärung, die er als zusätzliche Triebfedern einbaut, hätte es nicht gebraucht. Seine beiden Protagonistinnen tragen das in ihnen Schlummernde so wohldosiert und doch spürbar gekonnt zum Zuschauer, dass der sich einem Unbehagen kaum entziehen kann. Wenn Nora von Waldstätten als Sonja sich krampfhaft in die Schutzräume zurückzieht, mit denen sie ihr Leben zu ertragen versucht, will der Zuschauer ihr Mut zurufen, wie es der liebestolle, abgeschossene Liebhaber zu Beginn macht, ehe sie ihm unter Tränen die Tür vor der Nase zuschlägt, um allein unglücklich bleiben zu dürfen.

Denis Demmerle

Oktober November„, Regie: Götz Spielmann, Darsteller: Nora von Waldstätten, Ursula Strauss, Sebastian Koch, Peter Simonischek, Johannes Zeiler, Kinostart: 12. Juni 2014, auf DVD/Blu-ray ab 14. Oktober 2014

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