ONE TO ONE: JOHN & YOKO von Kevin Macdonald

Ein Film für Fans
Für mich ist 2025 ein Kinojahr der 60s/70s-Musikfilme: Zunächst sah ich im März den sehr klassisch inszenierten Dokumentarfilm BECOMING LED ZEPPELIN von Bernard MacMahon. Er kommt zwar sehr nostalgisch daher, ist aber unterhaltsam und schildert auch für Nicht-Fans die Anfänge der Rockband sehr nah und plastisch. Dann kam der fantastisch atmosphärische Musikfilm PINK FLOYD – LIVE AT POMPEII von Adrian Maben aus dem Jahr 1972 in 4K als Special Screening für einen kurzen Zeitraum ins Kino. Und Hollywood widmete sich auf gelungene Weise der Ikone Bob Dylan mit LIKE A COMPLETE UNKNOWN von James Mangold. Nach diesen wirklich sehr unterschiedlichen, aber in all ihren Formen gelungenen Filmen war die Vorfreude auf ONE TO ONE: JOHN & YOKO des schottischen Filmemachers Kevin Macdonald auf jeden Fall da.
Doch wie es nun einmal ist, wenn man sich auf etwas freut, kann man auch enttäuscht werden. Die ersten Minuten, in denen der mitreißende Schnitt in diesen Film hineinzieht, weichen bald der Ernüchterung, dass es hier kaum Abwechslung gibt und somit kaum ein Spannungsaufbau möglich ist: Kurze TV-Ausschnitte aus dem jeweiligen Jahr wechseln sich mit kurzen Audio- und Konzertaufnahmen ab. Weder gibt es ein Voice-over noch erklärende Interviews, die bei der Kontextualisierung der TV-Ausschnitte helfen würden. Diese thematisieren teils historische Momente, wie den Gefängnisaufstand in Attica von 1971. Als Person, der der historische Kontext fehlt und die die Zeit nicht miterlebt hat, ist es oft sehr schwierig, nachzuvollziehen, wer und was in den Ausschnitten zu sehen ist. Das ist ärgerlich, sodass ONE TO ONE vor allem für Fans, die sich sehr gut mit der amerikanischen Geschichte der 60er und 70er-Jahre auskennen, interessant ist. Dokumentarfilme sollten sich aber nicht ausschließlich an Expertinnen richten. Bei Personen wie dem Dichter und Aktivisten John Sinclair wäre es gegenüber den Zuschauerinnen fair gewesen, kurz zu erklären, wer er war und welche Rolle John Lennon bei seiner Freilassung aus dem Gefängnis spielte.
Immer wieder werden auch zeitgenössische Aufnahmen von Yoko Ono eingespielt, in denen sie die ihr entgegenschlagende Misogynie schildert. Doch statt dem Thema einen größeren Platz einzuräumen und es in einen Kontext zu setzen, wirkt alles bruchstückhaft. Die Musikaufnahmen, von denen ein solcher bruchstückhafter Film profitieren könnte, sind leider zu kurz geraten.
ONE TO ONE ist dadurch kaum mitreißend oder berührend. Meiner Meinung nach hätte man deutlicher machen müssen, was Yoko Ono und John Lennon durch ihre gemeinsame Musik und Kunst verändert und bewirkt haben. So wirkt der Film eher wie ein Experimentalfilm, der in einem Museum im Rahmen einer Ausstellung besser aufgehoben wäre als im Kino. Fans von Yoko Ono und John Lennon, die sich gut mit der Materie auskennen, haben aber sicher ihren Spaß am Film, denn der Schnitt ist sehr gelungen.
Apropos Museum: Wofür man keine Vorkenntnisse benötigt, ist die Ausstellung zu Yoko Ono im Gropius Bau, „Yoko Ono: Music of the Mind“, die ans Herz gelegt sei. Sie zeigt vor allem den Beginn ihres Schaffens und umfasst auch das Kennenlernen mit John Lennon sowie die erste gemeinsame produktive und politisch-aktivistische Zeit. Die Ausstellung ist noch bis zum 31. August 2025 zu sehen.
Auch in der Neuen Nationalgalerie werden noch bis zum 14. September 2025 wichtige Werke Yoko Onos in der Ausstellung „Yoko Ono: Dream Together“ gezeigt.