„Schönefeld Boulevard“ von Sylke Enders



Noch ist Cindy diejenige, die von den Anderen als Packesel benutzt wird und bei Facebook peinliche Fotos von sich aus der Sportumkleide findet. „Boar, ist die fett!“, lautet der Kommentar eines Mitschülers. Autsch. Doch das ändert sich, als Danny mit der Bundeswehr nach Afghanistan geht und Cindy plötzlich auf sich gestellt ist. Sie wagt das Unmögliche: Sie testet ihren Charme bei fremden Männern aus. Mit Erfolg, denn trotz oder gerade wegen ihrer unbeholfenen, naiven Art verdreht sie einem nach dem anderen den Kopf. Erwachsenen, gestandenen Männern wohlgemerkt, die international für den Flughafenbau angeheuert wurden und nun von Cindys schlechtem Schulenglisch absolut verzaubert sind. Fremde Menschen, die in ihr ein junges, lebensfrohes Mädchen sehen, das seine Zukunft fest in der Hand hat. Die nichts von den Demütigungen in der Schule wissen. Die ihr die Chance geben, sich neu zu erfinden.

Entgegen der Bedenken ihrer Eltern, Cindy würde sich als pummelige Provinz-Dirne x-beliebigen Männern an den Hals werfen, sind die Absichten ihrer Tochter absolut harmlos. Akzeptanz und Sympathie ist das, was Cindy sucht. Zuneigung und Bewunderung ist das, was sie bekommt. Sie erkennt, dass jede Last sich leichter tragen lässt, wenn man nur Haltung einnimmt. Dass die anderen letztlich nur die Eigenwahrnehmung spiegeln. Und dass Selbstliebe ein mächtiger Tür- und Herzensöffner ist. Sylke Enders berührende Coming-of-Age-Erzählung bedient kein unglaubwürdiges Märchen-Klischee, in dem ein hässliches Entlein über Nacht zum schönen Schwan avanciert. Cindy ist der aufgehende, zuckersüße Stern auf dem „Schönefeld Boulevard“ und der Beweis, dass nach vorne schauen sich immer lohnt. Egal, wo man gerade steht. Und egal, ob man von manchem zu viel oder zu wenig hat.

Alina Impe

Schönefeld Boulevard„, Regie: Sylke Enders, DarstellerInnen: Julia Jendroßek, Daniel Sträßer, Ramona Kunze-Libnow, Uwe Preuss, Judith Engel, Andrea Maria Hintermaier, Kyra Sophia Kahre, Gro Swantje Kohlhof, Horst-Günter Marx, Yung Ngo, Axel Schrick; Kinostart: 18. September 2014

Cindy entwickelt Selbstbewusstsein - und plötzlich reagiert die (Männer-)Welt auf das pubertierende Mädchen. Foto: Filmfest München

Cindy entwickelt Selbstbewusstsein – und plötzlich reagiert die (Männer-)Welt auf das pubertierende Mädchen. Foto: Filmfest München

1 2