„The Queen of Ireland“ von Conor Horgan
Politik, Perücken und Positionen
„Panti! Panti! Panti!“ skandieren tausende Menschen mit Regenbogenfahnen. Sie haben sich an diesem milden frühsommerlichen Tag vor dem Dubliner Schloss versammelt, sie halten Zettel in die Höhe, auf denen das Wort „EQUAL“ steht. Sie rufen „Pandora ‚Panti‘ Bliss“, irische Dragqueen, Standup-Comedian und Gesicht ihrer politischen Bewegung, auf die Bühne. – Dieser 22. Mai 2015 war ein historisches Datum für Irland: An diesem Tag haben sich die Iren in einem Referendum mehrheitlich für die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen. Eine kleine Revolution für das traditionell sehr katholisch geprägte Land, in dem zum Beispiel Abtreibungen bis heute illegal sind.
In seinem Dokumentarfilm „The Queen of Ireland“ porträtiert der Fotograf und Filmemacher Conor Horgan („One Hundred Mornings“) eine der Speerspitzen der „Marriage Equality“-Bewegung in Irland, den LGBQT-Aktivisten Rory O’Neill, besser bekannt als „Panti Bliss“, eine der prominentesten Dragqueens der Welt. Der Film verfolgt den Weg O’Neills aus der irischen Kleinstadt Ballinrobe, in der er geboren und aufgewachsen ist und deren Enge er nicht früh genug entfliehen konnte, auf die glamourösesten Bühnen der internationalen Drag-Szene zwischen Tokio und London bis hin zu seiner Rückkehr in die irische Kleinstadt als Panti Bliss und gefeierte politische Ikone einer historischen Bewegung.
Conor Horgan zeichnet dabei nicht nur ein sehr intimes Porträt einer schillernden Persönlichkeit und eines prominenten Fürsprechers der LGBQT-Community, sondern dokumentiert nebenher auch die Entwicklung Irlands von einem Land, in dem Homosexualität erst 1993 offiziell dekriminalisiert wurde, zu einem der heute wohl LGBQT-freundlichsten Länder der Welt.
Anhand von Interviews mit den Eltern, Freunden und Wegbegleitern, aber auch mit Ausschnitten aus frühen Super-8-Filmaufnahmen aus dem familiären Archiv der O’Neills, mit Schnappschüssen von Travestie-Fotosessions in der irischen Underground-Kunstszene der Achtziger Jahre sowie mit Filmausschnitten aus Drag-Shows der Neunziger Jahre in Tokio, zeigt der Film die Verwandlung Rory O’Neills vom kreativen Kleinstadtjungen und Kunststudenten zu seinem glamourösen Alter-Ego „Panti Bliss“.
Stationen dabei: Die ausgelassenen illegalen Parties der Queer-Community im Dublin der Achtziger Jahre, Rory’s ‚Flucht‘ nach Tokio, wo er mit seinem damaligen Partner Angelo Pitillo als „CandiPanti“ Drag-Shows entwickelte und performte bis hin zu seiner Rückkehr als bekannte Dragqueen nach Irland Mitte der Neunziger Jahre, kurz nach der Legalisierung der Homosexualität. In dieser Zeit der homosexuellen Befreiung entwickelte sich Panti zu einer Ikone des irischen Nachtlebens und der internationalen Drag-Szene: O’Neills Bar „PantiBar“ im Herzen Dublins ist seit 2007 eine feste Institution des homosexuellen Nachtlebens in Irland.
Neben seiner Verwandlung zu dieser riesigen Zeichentrick-Frau – „this giant cartoon-woman“ – wie Rory O’Neill sein Alter Ego selbst bezeichnet, zeigt „The Queen of Ireland“ aber auch sein sehr frühes Engagement für die Aids-Hilfe. Von 1996 bis 2012 war Panti – selbst HIV positiv -, das Aushängeschild und die Moderatorin der Wahl zur „Alternative Miss Ireland“, einer jährlich stattfindenden Solidaritätsgala für die irische Aids-Stiftung.