„Small Town Murder Songs“ von Ed Gass-Donnelly

Dunstschwaden

Verdeckt unter dichten Nebelschwaden liegt die kleine mennonitische Gemeinde im ländlichen Ontario. Hier lebt Polizeichef Walter mit seiner gläubigen Freundin Sam. Viel passiert hier nicht. Walter geht täglich auf Streife, grüßt die anderen Bewohner und weist sie auf kleine Vergehen hin. Wachgerüttelt wird das verschlafene Städtchen, als eine nackte junge Frau tot am Ufer des nahe gelegenen Sees gefunden wird. Walter schaltet die Bundespolizei ein, denn einen Mordfall hat es hier noch nie gegeben. „Small Town Murder Songs“ von Ed Gass-Donnelly ist ein düsteres Drama um Religion, Schuld und Gewalt, in dessen Mittelpunkt Walter steht. Mit seiner mennonitischen Familie hat der Polizeichef gebrochen. Nun sucht er Vergebung im Glauben und in seiner neuen Beziehung. Doch gelingt ihm das nicht. Im Laufe der Ermittlungen offenbart sich Walters gewalttätige Vergangenheit. Bei Zeugenbefragungen findet er zwar eine heiße Spur, doch sein ungeschicktes Verhalten erweckt lediglich den Anschein, als wolle er den Mord dem neuen Liebhaber seiner Ex-Freundin anhängen – von der Walter sich noch immer nicht gelöst hat.

Mit riesiger Brille und Schnauzbart verkörpert der Schwede Peter Stormare den Polizeichef und changiert eindrucksvoll zwischen angespannter Zurückhaltung und unbändiger Brutalität. Mit jeder Minute, die der Film voranschreitet, scheint es, als würde Walters neues Leben bald unter einem Gewaltausbruch zusammenfallen. „Small Town Murder Songs“ ist ein atmosphärisch dichter Film, der nicht nur wegen der Songs von Bruce Peninsula, die der Filmemacher wie eigene Erzählfragmente dazwischenschaltet, lange nachhallt. Der Nebeldunst hängt tief über der Kleinstadt, verschleiert aber in keiner Weise die düsteren Geheimnisse ihrer Bewohner.

Eileen Reukauf (Mit freundlicher Genehmigung vom Leipziger Stadtmagazin Kreuzer)

„Small Town Murder Songs„ Regie: Ed Gass-Donnelly; Darsteller: Peter Stormare, Aaron Poole, Martha Plimpton, Kinostart: 28. Juni 2012