„the House that Jack built“ von Lars von Trier



Die Psychologisierungen Jacks sind oberflächlich und stichworthaft: Jack ist ein empathieloser Narzisst mit einem Putzfimmel. Dennoch erzeugt „the House that Jack built“ einen Sog. Ruhige Begegnungen, abrupte Morde und skurrile Aufräumaktionen werden mit intellektualistischen Ausschweifungen ergänzt. Das Wechselbad der Emotionen beruht nicht auf der emotionalen Nähe zu einer labilen Persönlichkeit – wie es von Trier in den Höhepunkten seines Schaffens gelang – sondern auf dem gut getimten Spiel mit Schockmomenten, Ekelattacken, Angstzuständen, Wutausbrüchen und grotesken Einfällen.

Verspielt ist auch die filmische Gestaltung. Ein ästhetisierter Kinolook springt nahtlos in eine naturalistische Dokuoptik: Lebende Gemälde in Superslowmos und markante Lichtstimmungen wechseln sich abrupt mit Wackelkamera, rasanten Schwenks und Home-Video-Look ab. Von Trier spielt mit Verweisen auf die Hochkultur, die den ein oder anderen wohl in Rage bringen werden. Fast so narzisstisch wie sein Protagonist erzählt „the House that Jack built“ selbstreferenziell und intertextuell. Oft wird von Triers eigenes Filmschaffen bemüht. „Antichrist„, „Dogville„, „Melancholia“ und „Nymphomaniac“ erkennt der Zuschauer im Vorbeirauschen der Montagesequenzen. Versucht von Trier seine Gewaltdarstellungen zu der höchsten Form der Kunst zu verklären? Oder rechtfertigt er sich mit in seinem angeblich letzten Langfilm vor dem jüngsten Gericht der Filmwelt?

Insgesamt fehlt „the House that Jack built“ eine ordentliche Charakterentwicklung. Die starken Frauenrollen, die für Triers Filme so typisch sind, fehlen leider auch. Ein Opfer ist wie das andere: schlicht hohl. Über ihre Hintergründe erfährt man nichts oder zu wenig. Das Porträt des Seelenlebens des Killers bleibt schematisch. In der Kombination nimmt das dem Film seine Spannung. Der gelungene Schnitt, die mitreißende Kameraführung und der derbe Witz tragen den Film überraschenderweise so sehr, dass er trotz seiner Überlänge zumindest bis zum Epilog kurzweilig ist. Ein groteskes Lachen bleibt bei so viel Pathos im Halse stecken. Die Musik im Abspann löst die triefende Düsterromantik in ein blasiertes Lächeln aus. Udo Kier wird im Abspann gedankt. Der Zuschauer bleibt mit gemischten Gefühlen zurück.

Karl-Leontin Beger

the House that Jack built„, Regie: Lars von Trier, DarstellerInnen: Matt Dillion, Bruno Ganz, Uma Thurman; Kinostart: 29. November 2018

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