„The Topp Twins: Untouchable Girls“ von Leanne Pooley


Die Topp Twins Jools und Lynda: Ein Musikerleben im Zeichen für die Schwulen- und Lesbenrechte. Foto: Sally Tagg/Diva Productions — Argot Pictures

Die Topp Twins Jools und Lynda: Ein Musikerleben im Zeichen für die Schwulen- und Lesbenrechte. Foto: Sally Tagg/Diva Productions — Argot Pictures

Zuckerwatte

Wahrscheinlich haben die Meisten noch nie etwas von den lesbischen Zwillingen Jool und Lynda Topp gehört, die seit 25 Jahren  in Neuseeland für ihre Auftritte als Country-Sängerinnen und Comedians bekannt sind. Leanne Pooley ist mit „The Topp Twins: Untouchable Girls“ ein unverfroren bewundernder Dokumentarfilm über einen Act geglückt, der beinahe alle Konventionen der Popkultur hinter sich lassen konnte. So führen die beiden stämmigen Schwestern Schunkelmelodien mit kabarettistischen Nummern über die Landespolitik zusammen. Ihre wohl nicht vorgespielte Warmherzigkeit garantiert Applaus und Mitklatschen. Der Refrain ihres Songs „Untouchable Girls“ lautet „We’re stroppy, we’re aggressive, we’ll take over the world.“ Man(n) sollte ihnen glauben.  So gibt sich die Dokumentation als solche bescheiden. Und wirkt ein bisschen wie ein Wikipedia-Artikel, nur mit gelegentlichen musikalischen Darbietungen und sehr wohlwollenden Interviewfragen.

Die Forderung, auch das Private politisch zu machen, stieß nicht nur bis zur Kritik der politisch-öffentlichen Form durch, sondern ist mittlerweile zu einer Imitation klassisch männlicher Verhaltensweisen umgekippt. Dass es von Anfang an despotisch war, ist bis jetzt nur sehr wenigen (Männern) aufgefallen. Die Entstehung einer autonomen Frauenbewegung war im Kern ebenso wesentlich eine Reaktion auf die praktischen Defizite der Hippiebewegung und ihrer Folgeprodukte, wie die Herausbildung einer spezifischen feministischen Gesellschaftskritik. Da können Jool und Lynda auch noch so schenkelklopfend jodeln. Der Streifen macht so viel Spaß wie ein Stück Zuckerwatte und so weicht der kurzweilige Zuckerschock sehr schnell der Erkenntnis, dass man nichts großartig mitnehmen kann.  Über weite Strecken füllt der Film seine Zeit mit Interviews von Freunden und Fans aus und diese verlieren sich spätestens nach der zweiten Frage in einer Lobhudelei über die zwei Mannsweiber, die ihren provinziellen Lebensstil mit Farm und Landwirtschaft nie wirklich aufgegeben haben.

Tragisch-komischer Weise ist der beste Moment des Filmes der Augenblick, in dem alle Bewunderer die Klappe halten und Jool Topp über ihre Brustkrebserkrankung redet. Leider kehrt sie sehr schnell zu ihrer Leben und Leben lassen Einstellungen zurück. Dank dem Schwesterherz ist die freche Attitüde alsbald wieder zu recht drapiert und der Zuschauer ist mit der neuseeländischen Ressource des Furzhumors auf sehr ungewöhnliche Weise an feministische Basisarbeit herangeführt worden.

Joris J.

The Topp Twins: Untouchable Girls Regie: Leanne Pooley, Jools und Lynda Topp