„The Wailing – Die Besessenen“ von Hong-jin Na



The Wailing“ funktioniert auf verschiedenen Ebenen: Als einen gelungener und spannender Horrorfilm, der mit zurückhaltenden Schockeffekten auskommt, aber tiefgründig zuschlägt. Gleichzeitig setzt er sich mit verschiedenen politischen und sozialen Aspekten auseinander. Aufgegriffen wird beispielsweise der Schamanismus, der wie jede Religion seine Rituale hat, die Außenstehende als Aberglauben bezeichnen würden, die brutale Ausmaße annehmen können. Tieropfer und andere Opfergaben kommen vor, der Schamane singt und tanzt sich in einen Zustand des Deliriums und beschwört eine außerkörperliche Erfahrung herauf, die ihm ermöglicht mit Geistern und Toten Kontakt aufzunehmen. Wie jedes ritualisiertes Verhalten kann dies für viele Halt und zumindest geistige Heilung bedeuten, weswegen es grundsätzlich jedem freigestellt sein sollte. Doch die Gefahren des Missbrauchs und der Machtausübung können nicht verleugnet werden.

Einen eindeutig noch bitteren Nachgeschmack hinterlässt das Thema der offenen Fremdenfeindlichkeit, die für manche Zuschauer als dramaturgisches Mittel gelten wird, doch mit Sicherheit tiefer fußt. Der „Japaner“ wird bereitwillig als Sündenbock angenommen. Er ist ein Fremder und seine selbstgewählte Abgeschiedenheit macht ihn weiter suspekt. Seine Nationalität ist natürlich kein Zufall, lässt sich somit ein historisches Feindbild bedienen. Dies rührt noch immer von Japans Vorherrschaft über Korea bis vor dem Zweiten Weltkrieg. Die Beziehungen zwischen Korea und Japan bleiben noch heute problematisch, es kommt regelmäßig zu politischen Spannungen, die sich auf viele Bereiche übertragen. In den letzten Jahren führte das unter anderem dazu, dass südkoreanische Händler in Japan boykottiert und zum Teil sogar aktiv angegriffen wurden. Koreanische Filme und vor allem Seifenopern sind in ganz Asien sehr beliebt, auch hier kam es in Japan zu Boykott und Verboten. Im Film hat dann die Figur auch rein nichts Sympathisches an sich, so dass kaum eine Identifizierung möglich scheint.
Die Leistung des Schauspielers Jun Kunimura ist glänzend. Er muss ohne jeglichen Text auskommen, was er überzeugend schafft. Die gesamte Besetzung von „The Wailing“ hat hochrangigen Charakter und dies von den Hauptrollen bis in die Nebenrollen. Do-won Kwak bringt die nötige Vielschichtigkeit mit, um den anfangs naiven und danach kampflustigen Polizisten darzustellen. Er blickt bereits auf eine lange Karriere zurück, genauso wie sein Kollege Jung-min Hwang, der den Schamanen verkörpert. Beide haben eine Ausbildung als Theaterschauspieler genossen, was auch in Südkorea als großes Qualitätsmerkmal gilt.

Regisseur Hong-jin Na hat mit „The Wailing“ erneut ein stimmungsvolles Werk aus Horror, Action und schwarzem Humor geschaffen und gehört damit zu den Meistern seines Faches. Nach „The Yellow Sea“ und „The Chaser„, in dem Schauspieler Kwak übrigens ebenfalls eine der Hauptrollen übernimmt und sein Können beweist, kommt nun „The Wailing“ mit seinen stolzen 156 Minuten, die kaum als besonders lang auffallen, in eine richtige Kinoauswertung.

Teresa Vena

The Wailing – Die Besessenen„, Regie: Hong-jin Na, Darsteller: Do-won Kwak, Jung-min Hwang, Jun Kunimura, Kinostart: 12. Oktober 2017

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