Festivalmacher: Claus Matthes

Pornografie zwischen Diskurs und dem schnellen Wichs


Claus Matthes, Foto: Pascale Jean-Louis

Claus Matthes, Foto: Pascale Jean-Louis

Pornografie zwischen Diskurs und dem schnellen Wichs

Es ist nicht leicht, Claus Matthes zu finden. Doch irgendwo in Schöneberg, im x-ten Hinterhof, nach rechts, nach links und dann wieder nach oben, öffnet sich die Türe und Herr Matthes steht dahinter – und ist auch schon wieder verschwunden. Gelegenheit, ein wenig durch das loftartige Büro zu schlendern. Viel Beton, eine uralte Kinosessel-Garnitur, Hundefutter in Glasdosen und Zahnpasta auf der Toilette: Hier wird gearbeitet. Ganz fasziniert von einem alten Spielzeugautomaten und der ungleich unvertrauten Aussicht auf einen weiteren Bürokomplex hinter angejahrten Backsteinmauern, steht Claus plötzlich im Raum – wir können beginnen. Viel Zeit habe er nicht, eine halbe Stunde vielleicht, die Vorbereitungen zum sechsten Pornfilm Festival laufen, kaum Zeit für Bummeleien. Gerade sind die Festival-Flyer aus der Druckerei gekommen und aus den unauffälligen Kartons schimmert es Lila und Gelb.

Als das Festival 2006 seine ersten Schritte ging, war Claus Matthes dabei. Durch die Freundschaft und Zusammenarbeit mit dem Filmemacher und Produzenten Jürgen Brüning entstand die Idee zu dem besonderen Programm. Nach Abstechern ins Xenon, Kant und Eiszeit Kino ist das Porn Film Festival vor einigen Jahren nun im Moviemento Kreuzberg angekommen. „Eine Location zu haben, ist nicht nur für die angereisten Gäste angenehmer, auch die Publikumszahlen sind mit dem Umzug zu einem festen Spot stetig gewachsen.“ Matthes jongliert mit Jahreszahlen, hat die Entwicklungen des Festivals wie ein Chronist verinnerlicht und geht auf jede kleine Nachfrage ein. So, wie es nur jemand kann, der intensiv teilnimmt und stolz darauf ist. Aber woher kommt es nun, dieses Interesse an der Pornografie? „Bis auf vielleicht den Papst, hat das vermutlich jeder Mensch. Jeder hat seine Berührungspunkte damit und kann sich entscheiden, dieses Interesse für sich und als Teil seiner Sexualität anzunehmen. Für mich haben Pornos jedenfalls immer eine große Rolle gespielt.“ Verlegenes Lachen. „Es gibt Menschen, die haben beschlossen, jenen Teil unter Verschluss zu halten. Ich eben nicht. Wer sein Leben lang auf diesem Bienchen-und-Blümchen-Status hängen bleiben will, der soll das tun. Die Beschäftigung mit der eigenen Sexualität erfordert auch Mut.

Filmproduktionen, beispielsweise mit dem Kanadier Bruce LaBruce, dessen Filme nicht selten explizites Material enthalten, aber auch der eigene Umgang mit Homosexualität, welche in der Gesellschaft weitestgehend eben durch jene Sexualität wahrgenommen und definiert wird, sind Gründe und logische Weiterführungen, die letztlich in dem Projekt Pornfilm Festival zusammenfließen. „Ich denke schon, dass Sexualität im Laufe der kulturellen Entwicklung in eine Ecke gedrängt wurde, in die sie eigentlich nicht gehört, ins Abseits und Tabu. Tatsächlich würde ich sie sogar als Kernpunkt der menschlichen Kommunikation bezeichnen wollen, weil es völlig egal ist, wo du auf der Erde bist. Überall können Menschen durch Körperlichkeit miteinander in Kontakt treten.

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