Regisseur Jean-Pierre Améris zu „Sprache des Herzens“…

Das Genie des Menschen


Regisseur Jean-Pierre Améris mit Isabelle Carré (der Darstellerin der Marguerite) © 2014 Concorde Filmverleih GmbH

Regisseur Jean-Pierre Améris mit Isabelle Carré (der Darstellerin der Marguerite) © 2014 Concorde Filmverleih GmbH

Diese zweite große Geschichte des Films ist die einer Frau, die in einem Alter, in dem sie selbst keine Kinder mehr bekommen kann, als Nonne plötzlich Mutter wird. Holt sie da ein biologisches Bedürfnis nach?
Ich habe an Isabelle Carré gedacht, als ich das Buch schrieb. Sie war diejenige, die das spielen musste. Als sie das Drehbuch las, war sie selbst zum ersten Mal Mutter geworden und sehr berührt von dieser Frau, die doch noch Mütterlichkeit entwickelt. Es geht um das Aufeinandertreffen zweier besonderer Menschen.

Was zeichnet die Nonne Marguerite aus?
Marguerite hätte auch so reagieren können, wie Ende des 19. Jahrhunderts ihr gesamtes Umfeld reagierte, wo niemand wusste, wie man mit taub-blinden Menschen umgeht. Sie hätte sagen können, dass man ihr nicht helfen kann und sie immer ein wildes Kind bleiben wird. Aber sie hat es versucht, weil sie daran geglaubt hat. Dadurch ist es gut ausgegangen. Es ist eine Erfolgsgeschichte. Ein Erfolg für beide Frauen. Es geht um einen Austausch von Liebe. Am Ende kehren sich die Rollen um und die junge Marie kümmert sich wie eine Mutter um Marguerite. Das ist eine gleichberechtigte Liebe.

Welche Rolle spielt der Ort der Handlung, das Institut der „Schwestern der Weisheit“ in Larnay?
Diese Klosterschule ist in erster Linie ein Ort der Arbeit. Da sind Schwestern, die mit jungen Tauben zusammenarbeiten und ihnen die Gebärdensprache beibringen, die im übrigen 1830 auf dem Kongress von Mailand verboten wurde – und die bringen sie ihnen trotzdem bei. Für mich war es auch ein Film über den Glauben. Der Film war nach 15 Jahren meine erste Möglichkeit, mich in meinem Beruf an meinem Glauben abzuarbeiten. Für mich bedeutet Glaube, sich an etwas unbequemes heran zu machen und sich aufzulehnen. Sich nicht in einer Wohlfühlzone zu bewegen, sondern Sachen verändern zu wollen. Das muss nicht unbedingt ein religiöser Glaube sein.

Dann sind Sie sicher mit Papst Franziskus sehr einverstanden, oder?
Ja, in jedem Fall.

Die Fragen stellte Denis Demmerle.

Sprache des Herzens“ ist seit 1. Januar 2015 bundesweit in den Kinos zu sehen. Seine Deutschland-Premiere feierte er im Dezember 2014 bei der Französischen Filmwoche in Berlin.

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