Regisseur Jean-Pierre Améris zu „Sprache des Herzens“…

Das Genie des Menschen


Regisseur Jean-Pierre Améris im Austausch mit seiner Hauptdarstellerin Ariana Rivoire. © 2014 Concorde Filmverleih GmbH

Regisseur Jean-Pierre Améris im Austausch mit seiner Hauptdarstellerin Ariana Rivoire. © 2014 Concorde Filmverleih GmbH

Jean-Pierre Améris ist ein Regisseur für besondere Filme und Stoffe. In „Sprache des Herzens“ erzählt er Marie Heurtins Lebensgeschichte, die Geschichte eines taub-blinden Mädchens das dank des unermüdlichen Einsatzes einer Nonne Wege findet sich auszudrücken und zum Vorbild avancierte. Im Gespräch erfahren wir mehr über das von Ameris gepflegte Spiel von Laien mit Profis, sein aufwendiges Casting und seinen persönlichen Zugang zum Thema…

Monsieur Améris, wie in früheren Werken (z. B. „Die anonymen Romantiker„/ 2010 oder „C’est la vie„/ 2001) mischen Sie Schauspieler mit Laien, die die Lebensrealitäten, die Sie in Ihren Filmen zeigen, kennen. Wie profitieren beide Seiten von dieser Methode?
Jean-Pierre Améris:
Für mich besteht kein wirklicher Unterschied zwischen Profi-Schauspielern und Laien. Mir ist wichtig, dass beim Casting ein wirkliches Treffen zwischen den beiden Seiten entsteht. Dass der eine gefilmt werden möchte und der, der filmt, eine Zuneigung zu der Person entwickelt. Da ist es unwichtig, ob es sich dabei um einen Gerard Depardieu handelt, eine Isabelle Carré oder eben um meine Ariana Rivoire, die keine professionelle Schauspielerin ist.

Sie sprechen Ariana Rivoire an. In diesem Fall übertrugen Sie der tauben Rivoire eine der Hauptrollen.Wie wirkt sich das aus?
Ehrlich gesagt wollte ich ursprünglich mit einer Taub-blinden drehen. Die habe ich lange gesucht, bin in Zentren gegangen, wo taub-blinde Menschen leben und mich mit einigen gut verstanden, als ich sie kennenlernte. Da war beispielsweise ein taub-blindes Mädchen, das an Tanzvorführungen teilnimmt. Sie hat die Rolle, die ich ihr angeboten habe, aber abgelehnt, weil ihr das zu viele Unbekannte waren. Obwohl sie gerne tanzte, mochte sie nicht zu spielen.
Da sagte ich mir, es ist besser jemand zu nehmen, der taub ist und eine Blinde spielen muss, als eine Blinde, die die Gebärdensprache nicht beherrscht. Die Gebärdensprache ist sehr wichtig für den Film. Also ging die Suche in Gymnasien und Schulen für taube Jugendliche weiter. Ich sah mehrere junge Mädchen, aber der Funke sprang nicht über.

Also veränderten Sie Ihr Rollenprofil?
Bei einem Casting geht es nicht darum, die Beste auszuwählen, sondern es muss ein ernsthaftes Treffen zwischen zwei Menschen stattfinden. Wie im Film in der Szene, in der Marguerite das Mädchen auf den Baum folgt. Da muss etwas geschehen, danach suchte ich. In der Schul-Kantine saß Ariana einige Meter von mir entfernt. Ich mochte, wie sie sich ausdrückt und bin auf sie zugekommen, um zu fragen, warum sie nicht zum Casting gekommen ist. Sie antwortete: „Wie dumm, ich habe vergessen, mich anzumelden.“ Als sie mir gegenüber saß, wusste ich, sie ist es.

Was zeichnet sie aus?
Sie hat diesen Lebenshunger und Lust Dinge auszuprobieren. Gleichzeitig hat sie eine gewisse Gewalt. Sie erzählte mir über Gemeinsamkeiten, die sie mit Marie Heurtin, der Person, die der Rolle zugrunde liegt, hat. Bis zum Alter von sechs oder sieben Jahren, war sie sehr frustriert. Sie war taub und keiner in ihrer Umgebung sprach oder beherrschte Gebärdensprache. Sie wollte verstehen, wollte Fragen stellen und daraus erwuchs Frust, genau wie bei Marie.
Die Beziehung zwischen Regisseur und Schauspielerin ist eine besondere. Es muss sofort ein Gefühl von Nähe und Vertrauen entstehen. Wenn diese Affinität erst mal da ist, ist der Rest nur noch Arbeit. Es ist nicht das erste Mal, dass ich mit Tauben zusammenarbeite, schon vor zwanzig Jahren habe ich mit Tauben gedreht. Ich werde oft gefragt, ob das nicht anstrengend sei, finde es aber gar nicht schwierig. Im Gegenteil, ich schätze diesen Reichtum, da ist die andere Sprache, da sind andere Ausdrucksmöglichkeiten. Das ist eine Riesenchance!

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