Berlin Documentary Forum 2010


Filmszene: "Les Statues Meurent Aussi" von Chris Marker & Alain Resnais

Filmszene: 'Les Statues Meurent Auss' von Chris Marker & Alain Resnais

Digitale Bildbearbeitung, virtuelle Welten, das Internet: Was ist heute noch real an den Bildern, die das tägliche Leben begleiten? Das neue interdisziplinäre Diskurs-, Film- und Performance-Festival „Berlin Documentary Forum“ im Haus der Kulturen der Welt widmet sich vom 2. bis 6. Juni der wachsenden Bedeutung dokumentarischer Ausdrucksformen und stellt zeitgenössische Entwicklungen ebenso wie gewachsene dokumentarische Formen zur Diskussion.

Für die erste Ausgabe wurden internationale Künstler, Filmemacher und Kuratoren wie Catherine David, Okwui Enwezor, Angela Melitopoulos, Florian Schneider, Eyal Sivan, Eduardo Thomas, Marcel Ophüls, Edgar Morin, Xavier Le Roy eingeladen, Film-Screenings, Live-Performances, Gesprächsrunden, Lesungen und Ausstellungsbeiträge zu konzipieren.

Das Programm

Der Dokumentarfilmregisseur Eyal Sivan wird in seiner Reihe „Documentary Moments“ über einen längeren Zeitraum Begegnungen mit und zwischen Protagonisten des Dokumentarfilms verfolgen und diese mit Aspekten und Schlüsselmomenten der Historie in Verbindung bringen. Die erste Film- und Gesprächsreihe „Documentary Moments: Renaissance“ ist eine Hommage an jene Generation von Filmemachern, die in der Nachkriegszeit entscheidend an der Wiedergeburt des Dokumentarfilms beteiligt waren, wie Marcel Ophüls, Frederick Wiseman, Edgar Morin oder Alain Resnais.

Mit „Rules of Evidence“ präsentiert der Kurator Okwui Enwezor ein interdisziplinäres Programm, dass die Zeugenschaft in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt. Jenseits eines einfachen Verständnisses des Dokumentarischen als Abbildung von Wirklichkeit geht es in seinem Programm darum, sich dem Fakten- und Wahrheitsregime zu entziehen. Sein Projekt umfasst drei Teile: Lesungen dreier Bücher an der Schnittstelle zwischen Geschichte und Fiktion, in einer eigens hierfür konzipierten Installation von Juan Maidagan & Dolores Zinny, die wiederum von Tony Cokes kommentiert wird.

Der „Möglichkeitsraum“ der Video-Künstlerin Angela Melitopoulos ist ein als Bühne installiertes, temporäres Postproduktions-Studio. In drei Veranstaltungen diskutieren Kuratoren/Archivare ihre Arbeit an spezifischen Filmen und Video-Archiven unter Einbeziehung ihrer Materialien. Jede Veranstaltung wird so zu einer performativen Live-Montage, die die Geschichte des filmischen Bildes sowie Lücken und Auslassungen in Geschichtsbildern und die Konstruktion von Erinnerungsräumen befragt.

Der Filmkurator Eduardo Thomas stellt eine Auswahl aktueller experimenteller Dokumentarfilme vor. Gezeigt werden Arbeiten, die kürzlich in Südamerika, Asien und im Nahen Osten gedreht wurden. In den Diskussionen mit den Filmemachern, die die Screenings begleiten, kommen Ideen wie Autorenschaft, Autorität und Authentizität, die den dokumentarischen Diskurs früher maßgeblich bestimmt haben, zur Diskussion. Zudem werden neue Formen und Gegenstrategien mit den Filmemachern Uruphong Raksasad, João Moreira Salles, Ben Russell und anderen diskutiert.

Florian Schneider arbeitet an einer langfristig angelegten Recherche zu politischen Dokumentarfilmen, die für das westdeutsche Fernsehen produziert wurden. Die 60er bis 80er Jahre des 20. Jahrhunderts gelten als Hochzeit dieses speziellen Genres, das bis heute eine Ausnahmestellung in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Fernsehens einnimmt. Als ersten in seiner Reihe stellt er ausgewählte Filme von Michael Mrakitsch vor, der als einer der eigenwilligsten und anspruchsvollsten Protagonisten aus der Zeit gilt. Mraktisch, 1934 in Nürnberg geboren, lebte seit 1945 in der Schweiz, wo er im März diesen Jahres starb. Er war seit Mitte der 70er Jahre Dozent an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) München und prägte eine ganze Generation Dokumentarfilmer.

Berlin Documentary Forum, Haus der Kulturen der Welt, 2. bis 6. Juni

Chris Marker und Alain Resnais´ Dokumentarfilm Les statues meurent aussi (1953, 30 min), über den Kunstraub der Europäer in Afrika, läuft neben Nuit et brouillard (A. Resnais, 1955, 31 min.), Henchman Glance (Chris Marker, 33 min) und Guernica (A. Resnais und R. Hessen, 1950, 13 min) in der Reihe „Documentary Moments“ von Eyal Sivan, Donnerstag (3. Juni.) um 19 Uhr.