Jugendmedienfestival-Leiter Detlef Fluch im Gespräch


Kurz vor Beginn des Jugendmedienfestivals Berlin im Kulturcentrum „Die weiße Rose“ am 26. Mai stand uns Jugendmedienfestival-Leiter Detlef Fluch für ein kleines Interview zur Verfügung.

Berliner Filmfestivals.de: Herr Fluch, wo genau liegt euer Themenschwerpunkt beim Jugendmedienfestival im Jahr 2010?
Detlef Fluch: Beim Jugendmedienfestival 2010 gibt es drei Schwerpunkte:
1. Wir haben das Filmland Schweden entdeckt! Unsere Partnerfestivals in Trollhättan (Schweden) und Tromsö (Norwegen) haben uns dieses Jahr eine Auswahl sehr starker und sehr professioneller Filme zugesandt.
2. In der Altersgruppe 6 bis 15 Jahren sind viele engagierte Dokumentationen eingereicht worden, die sich mit politischen und sozialen Aspekten beschäftigen. Dazu veranstalten wir auch ein Fachforum, das sich an Pädagogen und Multiplikatoren wendet.
3. Die meisten eingereichten Filme wurden in HD produziert, daher haben wir dem HD-Format einen Workshop gewidmet und werden zwei HD-Filmprogramme am Freitag mit einem professionellen Full-HD-Videobeamer projizieren.

BF: Was ist das Besondere am Jugendmedienfestival?
Fluch: Das Jugendmedienfestival ist ein internationales Festival. Dieses Jahr zeigen wir 110 Filme aus 23 Ländern. Das Jugendmedienfestival ist dabei nicht nur ein Wettbewerb für Filme von Kindern und Jugendlichen, sondern wir wollen gleichzeitig auch Erfahrungen an die jungen Filmemacher weitergeben.

BF: Wie passiert das?
Fluch: Zum einen durch Workshops, die sich mit gestalterischen und technischen Aspekten des Filmemachens befassen, zum anderen wird die Jury zu jedem Film direkt nach der Vorstellung ein direktes Feedback geben. In der Jury sind dieses Jahr Ulrich Gregor (ehemaliger Leiter des Forums der Berlinale), Katja Grübel (Filmemacherin), Tamara Trampe (Dokumentarfilmerin und Dramaturgin) und Florian Weghorn (Berlinale-Generation).

BF: Wieso wird Medienkompetenz für Jugendliche immer wichtiger?
Fluch: Medien und besonders Film und Fernsehen sind allgegenwärtig. Sie vermitteln einen großen Teil des Wissens über die Welt. Es ist daher wichtig zu wissen, wie diese Vermittlung stattfindet, welchen Bedingungen sie unterworfen ist, wo und wie manipuliert wird. Das Selbermachen von Filmen ist damit ein wichtiger Schritt zur Medienkompetenz, genauso notwendig ist aber auch die Reflexion der eigenen Arbeiten und das Sammeln von Erfahrungen. Neben der Möglichkeit, die Produktionen anderer junger Medienmacher zu sehen, Anregungen zu sammeln und miteinander ins Gespräch zu kommen, schafft das Festival durch den Wettbewerb einen besonderen Anreiz, sich mit eigenen Beiträgen am Festival zu beteiligen, aber auch der Kritik zu stellen. Damit ist das Festival nicht nur der Motor für die Kommunikation unter den filminteressierten Machern und Zuschauern, sondern auch eine Lernwerkstatt im Umgang mit Öffentlichkeit und deren kritischer Auseinandersetzung.

BF: Unter welchen Aspekten entstand das nun fertige Festival-Programm?
Fluch: Bei der Zusammenstellung des Programms sind wir natürlich abhängig von den Einreichungen der Filmemacher. Aus den ausgewählten Filmen haben wir dann nach thematischen und formalen Gesichtspunkten Programme zusammengestellt. Dieses Jahr sind das beispielsweise die Programme: „Experimente“, „Dunkle Geschichten“, „Beobachtungen“, „Filmland Schweden“, Reisefilme, HD-Filme, Kinderfilme und Familienprogramme.

BF: Auf welche Filme sollten die Zuschauer besonders achten?
Fluch: In unserem Programm haben wir ein breites Spektrum an Spielfilmen, Dokumentarfilmen und Animationen und das jeweils aus verschiedenen Altersstufen. Bei den jüngsten Filmemachern im Alter von 6 bis 15 Jahren sind dieses Jahr vielleicht die Dokumentationen am spannendsten. Bei den älteren Filmemachern gibt es beispielsweise ein sehr schönes Programm am Samstagabend, das sich mit Reisen und Fremdheit beschäftigt. Am Donnerstagabend geben schwedische Filmemacher mit wunderbar fotografierten Bildern sehr intime Einblicke in das schwedische Privatleben. Und das HD-Programm am Freitag zeigt, dass die neue HD-Technik für das Medium Video einen großen Schritt der Kinoästhetik näher bringt.

BF: Erwartet ihr Regisseure oder Hauptdarsteller?
Fluch: Derzeit haben wir für mehr als 100 Gäste eine Unterbringung organisiert, viele weitere haben private Kontakte genutzt, um in Berlin unterzukommen. Dazu kommen natürlich noch die Berliner Gäste und Besucher. Wir erwarten also eine große Zahl von Filmemachern, Schauspielern, Kameraleuten, Medienpädagogen etc.

BF: Was passiert ihm Rahmenprogramm?
Fluch: Wir bieten Workshops für Jugendliche und junge Erwachsene zum Sounddesign, zur Special-Effect-Software „AfterEffects“ und zur professionellen HD-Technik. Für die jüngsten Teilnehmer bieten wir Trickfilm zum Selbermachen an. Und für Medienpädagogen und Multiplikatoren haben wir das Fachforum „Dokumentationen zu politischen und sozialen Themen“ an, das sich mit der medienpädagogischen Aspekten der Arbeit mit Kindern beschäftigt.

BF: Was macht für euch ein gelungenes Filmfestival aus?
Fluch: Zunächst ist uns eine freundliche und warme Atmosphäre wichtig. Spannende und gut gemachte Filme haben wir auf jeden Fall, aber nicht jeder Film wird jedem Gast gefallen. Das ist auch gut so, denn wir möchten zu Diskussionen und Kontroversen anregen. Wichtig ist auch, dass jeder Gast und jeder Filmemacher etwas mit nach Hause nimmt: Erfahrungen, neue Kontakte, konstruktive Kritik und praktisches Wissen. Jedenfalls mehr als nur „Klicks“ wie bei YouTube.

BF: Was werden Festivals in Zukunft im Vergleich zum „normalen“ Kino leisten?
Fluch: Die meisten „normalen“ Kinos sind finanziell darauf angewiesen, Blockbuster, Mainstream oder Klassiker zu zeigen. Festivals können helfen, Neues zu entdecken, können kontroverse Zusammenstellungen zeigen und bieten die Möglichkeit zur Diskussion mit den Autoren. Festivals sind einfach viel mehr „live“ als das konventionelle Unterhaltungskino.