Jim Jarmusch Filme im Lichtblick Kino


Jim Jarmusch

Jim Jarmusch ist wohl das, was man einen Kultregisseur nennt. Auch wenn nicht ganz klar ist, was der Zusatz Kult überhaupt bedeuten soll. Oft ist es nur eine angehängte Floskel, die die Arbeit eines Künstlers über die der anderen seiner Zunft heben soll. Oder es ist ein Ausdruck seiner Anhänger, Fans, die in einem schwärmerischen Überton die Leistung eines Regisseurs würdigen. Jarmuschs Filme sind anders. Ohne Frage. Sie sind schwierig und verweigern sich der vereinfachenden Konvention. Gerade deshalb braucht der Regisseur keinen Zusatz, keinen Kult – in welcher Form auch immer.

Jarmuschs Arbeiten sind nonkonform, wie auch der Regisseur selbst. Er erzählt seine eigenen Geschichten. Er ist ein Autorenfilmer, der die Oberhand über sein Schaffen – künstlerisch wie prozessiv – bis ins kleinste Detail bewahrt. Bewahren muss – denn die Grundlage für einen Independent-Filmer ist und bleibt die Unabhängigkeit. Auch wenn er so erfolgreich ist wie Jim Jarmusch. Sieben seiner Arbeiten, darunter die Frühwerke „Permanent Vacation„, „Mystery Train“ und „Stranger Than Paradise“ zeigt das Lichtblick-Kino vom 12. August bis 01. September in einer speziellen Filmreihe.

In seiner Arbeit als Regisseur und Spielleiter zählt Jarmusch zu den wenigen Regisseuren, die gänzlich die Kontrolle über eine gesamte Filmproduktion behalten. Er wählt seine Darsteller persönlich aus, hält die Rechte an den Negativen seiner Filme und verzichtet bewusst auf übliche Arbeitsmittel wie Storyboards und Drehpläne. Seine Goldenen Regeln hat er vor Jahren persönlich in einem Essay zusammengefasst. Verkürzt lesen sich seine fünf Regeln folgendermaßen: 1. Es gibt keine Regeln. 2. Lass dich nicht verarschen. 3. Die Produktion dient allein dem Film, der Film nicht der Produktion. 4. Filmemachen ist ein kollektiver Prozess. 5. Nichts ist originär. Stiehl von allem, das dich inspiriert und deine Vorstellungskraft befeuert. Das klingt in der Form nach Chuck Palahniuk (Fight Club), orientiert sich aber ebenso an Jean-Luc Godard und dem Sturm und Drang der Nouvelle Vague.

Fast jedem seiner Filme sieht man diese Methodik und Reduzierung auch auf künstlerischer Ebene an. Schon sein Debütfilm Permanent Vacation(1980) liest sich wie ein Almanach des kreativen Schaffens. Sein Debüt finanzierte Jarmusch mit nur 12. 000 Dollar. Er fungierte zugleich als Autor, Regisseur, Produzent, Cutter und Komponist. Sein 16-jähriger Held, Allie, streift durch die Straßen Manhattans und trifft dort auf die unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Er ist ein Wanderer und ein Suchender, der keinen Bezug zu seiner Umwelt besitzt. Die Lower Eastside – New York ist in Permanent Vacation ein belebter, zugleich anonymer Ort. Ähnlich funktionieren auch andere Filme von Jarmusch.

Seine Hautpfiguren zeichnet er als Suchende, deren Leben sich auf engstem Raum abspielt, in „Ghost Dog ist es eine Hütte auf dem Dach eines verlassenes Hauses, in Mystery Train ist es ein Hotel, in Down Bay Law ist es eine Gefängniszelle. Nicht anders verhält es sich mit Jarmuschs Arbeitsstil. Es ist ein enger Raum, der eigene Weg, auf dem sich das Schaffen eines Independenfilmers bewegt, egal ob das aus einer Zwangsläufigkeit, etwa aus Budgetknappheit, oder aus einem persönlichem Anspruch heraus resultiert. Die Verknappung ist sowohl Ausgangs- als auch Zielpunkt von Jarmuschs Arbeit. Oder, wie es der Regisseur selbst formuliert hat: „If anyone tells you there is only one way, their way, get as far away from them as possible, both physically and philosophically.“

Martin Daßinnies

Filme und Spielzeiten

Night on Earth (USA 1991, 126 Min., OmU) – Do, 18. August 19 Uhr, 22. August 22 Uhr

In fünf Episoden erzählt Night on Earth von den Ereignissen einer ganz bestimmten Nacht, die jeweils in einer von fünf großen Metropolen stattfinden. Ein Taxifahrer und seine teils aberwitzigen und kuriosen Erlebnisse mit einem seiner Fahrgäste stehen jeweils im Mittelpunkt des Geschehens. Alles beginnt in der Dämmerung von Los Angeles, führt dann weiter nach New York, von dort nach Paris und Rom und endet schließlich in Helsinki im Morgengrauen…

Permanent Vacation (USA 1980, 75 Min., OmU) – 14., 15. August 20.30 Uhr, 22. August 20.45 Uhr

Der Film folgt dem heimatlosen 16-jährigen Allie Parker, dessen Vater die Familie verlassen hat und dessen Mutter in einer Nervenheilanstalt sitzt, durch die Straßen von Manhattan. Auf seiner Suche nach einem Sinn in seinem Leben kreuzt er die Wege verschiedener interessanter und skurriler Personen.

Down By Law (USA/D 1986, 106 min, OmU) – 14. August 22 Uhr

In einer Gefägniszelle werden ein desillusionierter DJ und ein großspuriger Zuhälter zu einer Notgemeinschaft gezwungen, die erst

durch die Vermittlung eines warmherzigen italienischen Mitgefangenen erträglich wird. Eine ironische Komödie, die in märchenhafter Form von den Bemühungen um Menschlichkeit in einer desolaten Umwelt berichtet.

Ghost Dog (USA 1999, 111 Min., OmU) – 16., 17., 18. August 20 Uhr

Ghost Dog lebt über der Welt, unter Vögeln, in einer Hütte, die er auf dem Dach eines verlassenen Gebäudes errichtet hat. Ghost

Dog ist ein professioneller Killer, der im Dunkel der Nacht verschwindet und sich unbemerkt durch die Stadt bewegen kann. Sein

Leitfaden ist ein alter Verhaltenscodex der Samurai. Als Ghost Dogs Grundsätze von der verstörten Mafiasippe, die ihn gelegentlich

beschäftigt, sträflich missachtet werden, reagiert er strikt im Einklang mit dem Weg des Samurai.

Mytery Train (USA 1988/89, 112 Min.) – 16., 17., 18. August 22 Uhr, 28., 29. August 22.15 Uhr

Vierundzwanzig Stunden in Memphis, Tennessee: Im Hotel Arcade treffen die unterschiedlichsten Schicksale aufeinander. Ein Zimmer belegen die japanischen Touristen Jun und Mitzuko, die auf den Spuren ihres Idols Elvis Presley wandeln. Im selben Hotel steigt auch die italienische Witwe Luisa ab. Sie muss sich ein Zimmer mit der unaufhörlich redenden Dee Dee teilen, die sich gerade von ihrem Freund Johnny getrennt hat. Und auch Johnny endet schließlich im Arcade: Sturzbetrunken wird er von seinen Freunden in einem verdreckten Zimmer untergebracht. Scheinbar unabhängig voneinander verbindet alle Geschichten eines – ein Schuss.

Dead Man (OmU) USA/D 1995,120 Min., OmU) – 23., 24. August, 22 Uhr

Der junge, naive Buchhalter William Blake reist um die Jahrhundertwende an den Rand der zivilisierten Welt. Von der fortschrittlichen Ostküste führt ihn die Suche nach einer Stelle in den Wilden Westen Amerikas. Was planmäßig beginnt, wird bald völlig chaotisch. Für William beginnt eine Reise zu seinem eigenen Leben – und Tod.

Stranger than Paradise (USA/BRD 1984, 85.Min., OmU) – 30. August, 1. September 22. 45 Uhr

Die Geschichte des Zusammentreffens der Ungarin Eva mit ihrem amerikanischen Vetter und dessen Freund. Eine Reflexion über Heimatlosigkeit und die Unfähigkeit, sich anderen zu öffnen.

Jim Jarmusch Filmreihe – 12. August bis 1. September

Lichtblick Kino Kastanienallee 77, Berlin-Prenzlauer Berg, Tel. 44 05 81 79, www.lichtblick-kino.org