Favourites Film Festival 2011: Die Macherinnen im Interview
Am ersten September-Wochenende läutet die Premiere des Favourites Film Festival den Berliner Festivalherbst ein. Das Filmfestival ist neu und ein Festival der Festivalbesucher. Im Programm finden sich nur Filme, die bei anderen Filmfestivals Publikumspreise gewinnen konnten. Im Interview berichten die beiden Festivalmacherinnen Anna Jurzik und Paula Syniawa über ihr Konzept, die Herausforderungen der Festival-Organisation und ihr Programm.
Publikumslieblinge sind das große Thema des neuen Favourites Film Festival Berlin: Genauer gesagt Gewinner von Publikumspreisen auf Festivals in aller Welt. Wie entstand die Idee?
Anna Jurzik: Wir haben beide Medienwissenschaft an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg studiert und uns schon während des Studiums dort viel mit Filmfestivals beschäftigt; Wir haben sehsüchte mitorganisiert und auch unsere Abschlussarbeiten über die deutsche Festivallandschaft geschrieben. Der Spaß an der Festivalarbeit und die Erkenntnisse aus den Arbeiten haben uns im Oktober letzten Jahres dazu bewogen, das Favourites Film Festival zu gründen und die erste Ausgabe für diesen September vorzubereiten.
Paula Syniawa: Die Idee sich ganz auf das Publikum zu konzentrieren, entstand tatsächlich im Zuge der Masterarbeiten. Gerade in Deutschland gibt es eine wahnsinnig breite Festivallandschaft. Trotzdem bleiben immer noch so viele tolle Filme, die mal hier und mal da auf einem Festival laufen, die das Publikum in Berlin aber nie zu sehen bekommt. Den Leuten hier ist es völlig egal, ob ein schöner brasilianischer Film, den sie hier zum ersten Mal sehen, schon mal irgendwo in Brasilien auf einem Festival gelaufen ist. Viele der großen Festivals beschränken sich gegenseitig mit ihrer Konkurrenz um Premieren, dass der einzelne Festivalbesucher gar keine Chance hat, bestimmte Filme zu sehen. Die Chance den brasilianischen Festivalfilm hier in Berlin regulär im Kino zu sehen, ist nun mal relativ gering. Trotzdem glauben wir, dass es ein Publikum für genau diesen brasilianischen Film gibt, ein Festivalpublikum eben – auch das haben wir in unseren Befragungen herausgefunden.
Anna: Mit der Konzentration auf Publikumspreise ist es uns außerdem möglich, sehr offen zu sein, was die Themen, Genres und Herkunftsländer angeht und ein breites Spektrum anzubieten. Dadurch dass das Publikum auf der ganzen Welt quasi die Vorauswahl für unser Filmprogramm getroffen hat, können wir unserem Publikum wiederum eine Art Wertversprechen geben: Die Filme wurden schon mal für toll befunden! Von ganz unterschiedlichen Festivalbesuchern in ganz unterschiedlichen Ländern!
Wenn ihr Euer Festivalprogramm betrachtet, lassen sich Trends über die Vorlieben des Publikums erkennen?
Anna: Oh ja, die Inhalte, Themen und die Dramaturgie der meisten Filme haben uns bei der Programmauswahl doch sehr überrascht. Entgegen der Erwartungen handelte es sich bei den meisten Einreichungen um eher ruhige Filme, mit ernsten, zum Teil sehr harten Themen und einer oft schonungslosen Erzählweise. Vielen haben beispielsweise einen historischen oder politischen Hintergrund. Gleichzeitig sind die 33 Filme, die wir nun ausgewählt haben dabei aber zugänglich und bewegend.
Paula: Wir zeigen im Hauptwettbewerb des Festivals „nur“ insgesamt 19 Filme und haben davon wirklich jeden Einzelnen ausgewählt, weil wir ihn richtig gut finden. Zwar aus ganz unterschiedlichen Gründen, aber wir können wirklich jeden einzelnen empfehlen.
Anna: Auffallend sind die verhältnismäßig vielen südamerikanischen Filme im Programm; insgesamt sechs. Diese sechs und auch die anderen 13 Filme des Hauptprogramms öffnen jeder für sich eine Tür in eine andere Lebenswirklichkeit, lassen uns nah ran an ihre Protagonisten und erzählen mit starken Bildern von beeindruckenden Schicksalen, die zumindest uns beide schon mal in ihren Bann gezogen haben. Das ist es vielleicht was wir mit zugänglich und berührend bei gleichzeitig komplexen Themen meinen. Bei den Filmen, die in der Shorts Night am Samstag laufen, ist das ein bisschen anders, da ist auch schon mal die eine oder andere Skurrilität dabei.