Filmreihe: Wieland Speck im Arsenal


"Westler" Premierenposter

"Westler" Premierenposter

In einem Interview mit der „taz“ sagte Wieland Speck einmal: „Wenn jeden Abend in der Vorabendserie Schwule durchs Fernsehen laufen, dann fragen dich die Produzenten, warum du jetzt noch unbedingt einen Film mit einer Schwulenthematik machen willst.“ Wieland Speck, Jahrgang 1951, ist den Hauptstadtcineasten vor allem durch seine Filme „Westler“ und „Escape To Live“ und seine Arbeit als Berlinale-Kurator ein Begriff. Das Arsenal feiert mit dem Programm „Wieland Specks bewegte und unbewegte Bilder“ (3. bis 22. August) den sechzigsten Geburtstag des Künstlers und Kurators, der über vier Dekaden aktiv queere Geschichte Berlins mitgestaltet hat.

1972 kam er von Freiburg nach Berlin und beschäftigte sich bereits damals mit den Randthemen einer homosexuellen Identität. Nachdem er an der DFFB abgelehnt wurde, ging er nach San Francisco, um dort bei George Kuchar Film zu studieren. 1982 kehrte er nach Berlin zurück und arbeitete für die Panorama-Sektion der Berlinale. Beseelt von der Idee einen Filmpreis ins Leben zu rufen, der über die queere Szene hinaus wirken und schwul-lesbischen Filmen die allgemeine und professionelle Medienwirksamkeiten zuzusichern sollte, gründete er gemeinsam mit Manfred Salzgeber den schwulen Filmpreis „Teddy Award“, der seit 1987 während der Berlinale verliehen wird. Die erste Trophäe ging an Pedro Almodóvar für den Krimi „Das Gesetz der Begierde“ mit dem damals noch unbekannten Hauptdarsteller Antonio Banderas.

Umtriebig wie Speck war und ist, arbeitete er gleichzeitig an seinem bekanntesten Film: „Westler„. Nun sind Filme über Liebesgeschichten zwischen Ost- und Westberlinern in etwa so amorös wie eine alte Schuhsohle. Man hat es halt eben einmal zu oft gehört, gesehen – und ja – die Tragik des Ganzen dürfte selbst jemandem mit der größten sozialen Inkontinenz einleuchten. Jedoch gibt dieser Film die Zweisamkeit zwischen zwei Männern wieder. Das war im Jahre 1985 durchaus etwas Ungewohntes. So erhielt er dann auch zu Recht den Zuschauerpreis beim Max Ophuels Festival im Jahre 1985 und beim San Francisco International Gay & Lesbian Film Festival im Jahre 1986. 15 Jahre später erschien sein wohl kommerziell erfolgreichster Film „Escape To Life – The Erika and Klaus Mann Story„. Die Regiearbeit teilte er sich mit Andrea Weiss.

Wieland Speck, Berlinale 2009

Wieland Speck, Berlinale 2009

Höchst zäh nähert sich der Streifen der Heimatlosigkeit der Geschwister Mann, die ihr Leben lang im Schatten des scheinbar übergroßen Vaters und Onkels standen. Immer mal wieder gibt es ein paar Spielszenen aus den Stücken Klaus Manns, die bedauerlicherweise aber hölzern gespielt sind und dazu noch ohne jede Wirkung bleiben. Damit haben sich die beiden Regisseure selbst um eine intensivere Wirkung des Gezeigten betrogen. Natürlich ist so ein Vorgehen manipulativ, aber jede Dokumentation besitzt durch die subjektive Auswahl des Verwendeten eine manipulative Einschränkung. Insofern bleibt fraglich, ob nicht der sachliche, objektive Anstrich viel subtiler manipuliert, da der Zuschauer den Eindruck haben muss, die ganze Wahrheit gesehen zu haben. Der Reiz des Filmes liegt sicherlich in der dokumentierten Heimatlosigkeit, die sich zum einen durch die Drogensucht Klaus Manns äußert und zum anderen im Verlust seiner Sprache manifestiert. Jedoch ist dieser Streifen so trocken und nüchtern, dass der Einsatz auf größeren Leinwänden eigentlich nur ehrenrührig erscheint. Jedoch passt das wiederum zu Speck. Er ist gleichzeitig exaltiert und pragmatisch. So drehte er einerseits Videos, nur um daraus Standbilder zu produzieren. Gleichzeitig überspielte er, ohne lange zu überlegen, vorhandenes Material, weil er das Neuere für dringlicher und angemessener hielt.

Joris J.

Wieland Specks bewegte und unbewegte Bilder, 3. bis 22. August, Kino Arsenal, www.arsenal-berlin.de