„Shorts Attack“ im September


Filmszene: "Stuxnet – Anatomy of a computer virus"

Filmszene: "Stuxnet – Anatomy of a computer virus"

Das Interessante als auch Zynische an terroristischen Anschlägen ist, dass die Weltvorstellung, die uns dadurch vermittelt wird, bei näherer Betrachtung keine Alternative sondern nur eine Extrapolation der Unseren ist. Während große Unternehmen durch enorme Kapitalverschiebungen den öffentlichen Raum dermaßen umgestalten, dass dieser als solches nicht mehr wahrgenommen wird, zerstören ihn Terroristen einfach. So bewegt sich der Passant, wir, in einem System, dass nicht mehr durch Gesetze geregelt wird. Im Gegenteil, all die Codes, die man unter dem Begriff Alltag subsumiert, werden zerlegt und modifiziert, um sie ad hoc bei Bedarf hochzufahren. Die Shorts Attack – Reihe präsentiert unter dem Motto „Don´t panic take care“ am 21. September im Babylon und am 25. September im Passage Kino Kurzfilme mit dem Schwerpunkt Terror. Wie bei Shorts Attack üblich, ist es auch diesmal ein ziemliches Stilpotporree.

Der hypertrophischen Technisierung und Rationalisierung des Lebens weiß eine effektvoll erzählte Gute-Nacht-Geschichte beizukommen: Da die heutigen Enkel mehr Wert auf die realistische Beschreibung diverser Metzeleien legen als auf die Moral einer Geschichte, müssen die Großmütter mit vollem Körpereinsatz mehr (schau)spielen als erzählen, um ihre Kindeskinder zu begeistern. „Be Nice“ von Marita Mayer und Tim-Urs Vogel ist ein gelungener, hintergründiger Animationsfilm mit seinem kleinen Glück und seinem kleinen Ziel, dass Märchen auch in einem medialisierten Zeitalter erlebenswert bleiben. „Stuxnet – Anatomy of a computer virus“ setzt mit einem Mikroskop und einem Weltmusikstandard ein. Nicht besonders originell, aber bei Stuxnet handelt es sich um einen Computervirus und ein Computervirus ist profan. So hat ein jeder, der schon einmal Weltmusik hörte, mit Sicherheit auch schon mal einen Computervirus auf seinem Rechner bemerkt. Nach gut 15 Sekunden erfahren wir, dass dieser Virus 20 Mal komplizierter erarbeitet ist, als alle vergleichbaren Viren. Auch das ist eigentlich profan oder nur für Fachleute von wirklichem Belang, doch dann erfahren wir, was dieser Virus kann: Öl-Pipelines abstellen, den Druck in nuklearen Reaktoren erhöhen, Punktnotierungen an der Börse manipulieren. Das ist nun nicht mehr profan. Das ist wirklich gefährlich. Stux-Net ist damit die wahrscheinlich erste Waffe, die durch Schrift (genauer Programmier-Code) entstanden ist.

Patrick Clairs Kurzfilm arbeitet mit den Mitteln des Infotainments, um den Laien ein Thema verständlicher zu machen, bei dem die meisten schon auf Grund des komplexen, mathematischen Hintergrundes das Handtuch werfen. So stehen die wohlfeilen und gefälligen Grafiken im Kontrast zur Faktensättigung, die dem Zuschauer widerfährt. Das Endergebnis ist sehenswert aber kurzweilig, dabei sollte es gerade wegen der politischen Dimension etwas stärker im Gedächtnis bleiben. Der Umgang, den die einzelnen Regisseure mit dem Thema Terrorismus pflegen, ist verschieden. Jedoch überwiegt die humorige Aufarbeitung.  Ein guter Witz will dem Zuschauer stets psychische Aufarbeitung ersparen und diese Streifen machen das ausgesprochen gut.

Joris J.

Shorts Attack, 21. September im Kino Babylon, 25. September im Kino Passage, www.shortsattack.com