Shorts Attack im Babylon Mitte und Passage Kino
Green Screen statt Blue Screen
interfilms Shorts Attack!
„Green Screen“ waren die drei unter dem Festivalschwerpunkt “Fokus Umwelt” kuratierten Programme überschrieben und haben so gar nichts mit dem so gefürchteten „Blue Screen“ gemein, der mit dem temporären PC-Totalschaden einhergeht – sollte zu vermuten sein. Doch viele Shorts der Reihe zeichnen eine bedenkliche triste Vision der Zukunft oder gehen auf Missstände im hier und jetzt genau so ein, wie auf die der Vergangenheit. Es gilt zu verhindern, dass sich die Erde aufhängt, um im Bild zu bleiben. „Nature Calling – Filme retten die Welt!“ heißt es folgerichtig bei Shorts Attack am kommenden Mittwoch, den 23. November, um 21:30 Uhr im Babylon Mitte am Rosa-Luxemburg-Platz und am Sonntag, den 27. November, um 20.30 Uhr im Passage-Kino in Neukölln.
Die noch einmal zu einem Programm verdichtete Auswahl inszeniert globale Themen auf sehr intensive, teils sogar groteske und bisweilen bizarre Weise. Beispielhaft für das Widerspiel von Mensch und Natur Pete Bishops „Oil Story„. Der Brite animiert in seiner Evolutions-Geschichte mit Öl, wie die scheinbar unendliche Gier des Menschen nach Öl entstand und mutmaßt, ob diese ihn nicht irgendwann wieder dahin zurückbringt, wo er einst schon einmal war. Nicht minder drastisch: „Chernokids“ von den beiden französischen Regisseuren Matthieu Bernadat und Nils Boussuge, die in ihrer animierten Freakshow die Risiken der Atomkraft im Fall eines GAUs am Beispiel von Tschernobyl illustrieren. Bitterböse.
Sicherlich stärkster Beitrag der Reihe ist aber der Dokumentarfilm „The Accidental Sea“ von Ransom Riggs (USA 2011). Er zeigt in nicht einmal sieben Minuten, wie der Mensch aus einem Unfall Kapital schlagen will und in der kalifornischen Wüste dank des „Miracle in the desert“ eine zweite Riviera entsteht, ehe sich die Natur zurückholt, was ihr gehört und die „Boomtown in eine Geisterstadt verwandelt“, wie es im Film heißt. Durch Salton sind die Reiter der Apokalypse hindurch galoppiert. Was bleibt ist ein Wunderling.
Menschen wie ihm können „Blue Screens“ nichts anhaben. Er glaubt an seine eigenen Götter und wirkt wie von einer anderen Welt. Während er dafür von seinen Mitmenschen belächelt wird, stellt sich heimlich die Frage, wer denn nun tatsächlich auf dem Holzweg ist…
Denis Demmerle