Rückblick auf die transmediale im Jahr 2012

Wer kreist hier eigentlich um wen?


Daniel García Andújar "Technologies To The People", Foto: Jekaterina Petrova

Daniel García Andújar "Technologies To The People", Foto: Jekaterina Petrova

Man mag Wortspiele auf der transmediale. Hieß es im letzten Jahr noch RESPONSE:ABILITY, das dazugehörige Videoprogramm SyncExistence, bleibt sich die neue Leitung unter dem bübischen Kristoffer Gansing treu – und achtet natürlich auch auf einen möglichst maßlosen Umgang mit Sonderzeichen. Dieses Jahr nun also:  in/compatible – verdeutlicht anhand einer millionenschweren Festplatte, voll mit illegal geladenen Daten, die wie ein schwarzer Monolith inmitten der Ausstellung „Dark Drives. Uneasy Energies in Technological Times“ steht. Oder elektrische Stäbe, von der Decke baumelnd im Foyer des HKW – interaktiver Vorhang des britischen Künstlers Ben Woodeson. „Bite you on your ass and kiss your socks goodbye“ heißt das gute Stück, welches Städtern ein wenig Landliebe beschert: Hand trifft auf eingezäunte Pferdekoppel. So kann man Mutige, nach Unterzeichnung eines Warnzettels, beim Hüpfen, Zucken und Krakeelen beobachten. Seichte Unterhaltung, die der transmediale ganz gut bekommt. Der Grundtenor dennoch – eher düster. Die Frage: Passen Mensch und Technik überhaupt noch zusammen, sprich, sind sie noch kompatible oder stehen wir längst vor größeren Problemen?

Symbolisch für die omnipräsente Verwirrung (auf der transmediale im Übrigen sowieso steter Begleiter), darf der diesjährig entworfene Katalog gelten  – eine lose Zusammenstellung vieler kleiner Flyer, wie sie „Marios Pizza“ nicht besser hätte hinkriegen können, versammelt in einer gülden schimmernden Mappe – passend zum Thema in/compatible. Glücklicherweise ist das Filmprogramm „Satellite Stories“ vergleichsweise überschaubar. Zwei Screenings pro Tag, liebevoll kuratiert von Marcel Schwierin im immer gleichen Theatersaal des HKW.  Jede Vorführung wird von einem Klassiker der transmediale-Historie eröffnet, man feiert 25-jähriges Jubiläum.

Der erste gezeigte Film, „Die Schulung – Indoctrination“ (Harun Farocki, D 1987) ist dann auch gleich ein besonders tolles Exemplar aus einer Zeit, als die transmediale noch VideoFilmFest hieß und Teil der Berlinale war. Farocki beobachtet in seiner Dokumentation ein fünf-tägiges Seminar in Bad Harzburg, auf dem (z.T. angehende) Führungskräfte mittelständischer Unternehmen die hohe Kunst der Rhetorik erlernen sollen. Schnell stellt sich bei den Zuschauern in merkwürdige Mischung aus Unglauben, Fremdscham und Voyeurismus ein – 45 Minuten Besichtigung, erwachsene Männer, die vorgeführt werden wie kleine Schuljungs. Nicht viel besser dann „Führung – Guided Tour“ ( René Frölke, D 2011). Auch hier viele unangenehme Momente und der audiovisuelle Beweis, wie sichtbar Machtverhältnisse tatsächlich sind. Oder: Wie gestandene Männer auf einem Rundgang durch eine Kunsthochschule mit Ex-Bundespräsident Horst Köhler plötzlich zu tänzeln, sich zu profilieren beginnen.

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