Musik-Film-Marathon im Martin-Gropius-Bau

Zwischen Stockhausen und Daniel Johnston



Ein umfangreicher Programmblock ist den Arbeiten von und über den Elektronikpionier Oskar Sala gewidmet, der in Zusammenarbeit mit der Deutschen Kinemathek entstand. Andere Programme thematisieren die Entwicklung der elektronischen Musik in England, Deutschland, Italien, Schweden und den USA: „What the Future Sounded Like“ (Matthew Bate, AUS 2006) ist eine Mini-Dokumentation über die Ursprünge elektronischer Musik und richtet seinen Fokus insbesondere auf die legendären EMS, die englischen Electronic Musis Studios. Ebenso empfehlenswert ist „The Alchemists of Sound“ (Dave Stewart, GB 2003), der den Radiophonic Workshop der BBC portraitiert. In die Thematik des Krautrock tauchen „Krautrock – The Rebirth of Germany“ (Ben Whalley, GB 2009) und „Tonbandmaschine. Elektronische Musik in Deutschland“ (D 2011) ein. Höhepunkt dieses Blocks ist vielleicht „Forbidden Planet“ (Fred M. Wilcox, USA 1956) – der erste Science-Fiction-Film mit einem rein elektronischen Soundtrack vom Regisseur, dem wir auch diverse Lassie-Streifen zu verdanken haben.

Ein weiterer Schwerpunkt gilt dem Instrument Stimme in seinen schier unerschöpflichen Ausprägungen. Dazu zählen Filme wie „Gesang der Jünglinge“ (Andree Korpys & Markus Löffler, D 2009), „Gesualdo – Tod für fünf Stimmen“ (Werner Herzog, D 1995) oder „Abfallprodukte der Liebe“ (Werner Schroeter, D/F 1996). Ebenso erfahren die frühen Industrie- und Experimentalfilme vom Künstlergespanne Edgar Reitz/Josef Anton Riedl („Geschwindigkeit“ (BRD 1962), „Kommunikation“ (BRD 1961), „Baumwolle “ (BRD 1959/60)) und des Duos Hugo Niebeling/Oskar Sala („Stahl – Thema mit Variationen„“ (BRD 1960), „Mit Licht schreiben“ (BRD 1967)) neue Relevanz, wird die Berlin-Premiere der Installation „Ki-no“ (BRD 1963-67), Nachtmusik für Projektoren, gefeiert und im Double Feauture „Von der Rockmusik zum Kinobild I+II“ schwingt sich der Musik-Film-Marathon zu einer Hommage an The Can und den Regisseur Thomas Schamoni auf. Raum zu später Stunde erhalten zudem Klaus Beyer a.k.a. „Der fünfte Beatle“ und Daniel Johnston im Spezial „Outsider Artists – Art Brut Musik„. Nicht zu vergessen: John Cage! Vier Filme setzen sich mit dem Jahrhundertphänomen auseinander, darunter „Making One 11 and 103“ (Henning und Peter Lohner, D 1992) und „Sound ???“ (Dick Fontaine, Gb 1966/67).

Keine Frage, der Musik-Film-Marathon 2012 kommt mit einer Dichte daher, wie sie in einem kurzen Überblick kaum zu bewältigen ist. Und noch immer warten viele Programmpunkte auf ihre individuelle Entdeckung durch die Lektüre des Katalogs. Dennoch sei zum Schluss auf zwei Lectures, in Form von kostenfreien Sonntagsmatineen, hingewiesen: Albrecht Dümlings Vortrag über „Akustische Illustration oder dramaturgischer Kontrapunkt? Zu den Filmmusik-Ideen von Brecht, Eisler und Eisenstein“ (15.04.) und Henning Lohners Filmlecture über seine vielgestaltige Arbeit als Regisseur, Filmkomponist und Multimedia-Künstler (22.04.). Das letzte Wort gebührt, wie immer, Helma Schleif: „Filme, wie wir sie verstehen, wollen den Zuschauer weder überwältigen noch manipulieren. Sie sind authentisch, ehrlich, inkorrupt. Es sind daher Filme, die nicht altern. Und sie zeigen, dass es überall auf der Welt hochkarätige KünstlerInnen gibt, RegisseurInnen, AutorInnen und KomponistInnen, die bemüht sind, musikalische Inhalte kongenial miteinander zu verschmelzen, d.h. mitunter, sie zu kontrapunktieren.

Carolin Weidner

2. Musik-Film-Marathon 10. bis 24. April 2012 im Kinosaal des Martin-Gropius-Bau (Niederkirchenerstr. 7; 10963 Berlin), www.musik-film-marathon.de

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