Schauspielschule „Ernst Busch“

Generation Protest 2.0: Rettet den Neubau!


Der gerettete Neubau der "Ernst Busch". So schön mordern soll er mal werden. Simulation: promo/Ortner&Ortner

Der gerettete Neubau der "Ernst Busch". So schön mordern soll er mal werden. Simulation: promo/Ortner&Ortner

An was denken wir zuerst, wenn wir von Protest-Camps und besetzten Häusern, von Störungen in Fernseh-Talkshows oder Protest-Märschen hören? Was kommt uns in den Sinn, wenn uns „radikale Formen des Widerstands“ für die kommenden Wochen angekündigt werden und verkleidete Menschen auf den Straßen ihre Kundgebung machen, angeführt von einigen bekannten Schauspielern?

Richtig, die Occupy-Bewegung in all ihren medientauglichen Erscheinungen, nicht zu linksradikal, die schwarzen Tücher, offenen Sternburger-Flaschen und heruntergezogenen Kapuzenpullis bitte zuhause lassen, uns geht es um den kreativen, konstruktiven Widerstand – so die Message. So konstruktiv, dass es dem menschelnden, unbescholtenen Bürger – personifiziert in Noch-TV-Talker Thomas Gottschalk – ein Leichtes ist, die „jungen Gesichter“, um die es ihm in diesem Fall ging, am vergangenen Mittwoch in seine Show einzuladen, nachdem sie bei Günter Jauch am Sonntagabend ein wenig über die Strenge geschlagen hatten. Denn in diesem Fall geht es nicht um amerikanische Bürger, die den Machtmißbrauch der internationalen Banken in der Wall Street anprangern, nein, die Studenten der Berliner Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ sind es, die seit der vergangenen Woche so „laut, aber nicht zu laut“ (findet der in einer großväterlichen Mischung von angetan bis erheiterte Gottschalk) protestierten, sich in der Form ihres Widerstands von den Großen allerdings einiges abgeguckt haben.

Und das war passiert: Der bereits beschlossene, mit Architekturausschreibung geplante Neubau der Schule sollte nach dem Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses vom vergangenen Freitag abgeblasen werden. Etwas mehr als zwei Millionen Euro fehlten für die Durchsetzung des Plans, denn statt der geplanten 36,4 Millionen wollte die SPD-Fraktion nicht mehr als 32 Millionen rausrücken. „Ein kulturelles Verbrechen“ kommentierte Regisseur und Schauspieler Alexander Lang daraufhin glatt. Wieder: Es klingt nach ganz großem Kino und einem Anliegen, „was nicht nur eine lokalpolitische Sache“ ist, wie eine der beiden Theresen (ihren wirklichen Namen wollten die Schauspiel-Protestler dann doch nicht preisgeben) bei Gottschalk proklamierten. Und dann kam es wirklich – das ganz große Kino: Ebenfalls vergangenen Mittwoch schaltete sich auch noch die Deutsche Filmakademie in die Diskussion ein, in Form eines Appells an die Stadt Berlin, unterzeichnet von Bruno Ganz und Iris Berben – da kann man doch eigentlich nicht Nein sagen, oder? (Hier nachzulesen)

Kann man nicht: Mit gestrigem Beschluss hat man sich im Abgeordnetenhaus auf 33 Millionen geeinigt – und die restliche Millionen dürfte nach den medienwirksamen Aufrufen der Studenten auch noch irgendwie zusammen kommen. Bei dem Gottschalk-Auftritt gewannen die drei Protest-Sprecher zumindest schon mal 3000 Euro als Tagessieger in der Sendereihe „66 Wünsche“. Damit wollen die Studenten den Grundstein für ihre Mensa legen. Erstaunlich, was so eine Woche Protest 2.0 bringen kann, wenn man ihn den konsequent genug durchzieht. Gratulation.

Cosima Grohmann