Festivalbericht vom 1. Berlin Fashion Film Festival 2012

Festivalbericht 2012: Mode aus einer anderen Perspektive


Fashion Victims vor dem Festivalstart im Radialsystem. Foto: Jekaterina Petrova

Fashionistas vor Festivalbeginn im Radialsystem. Foto: Jekaterina Petrova

Die Fashion Week gehört mit Sicherheit zu den aufregendsten und extravagantesten Wochen in Berlin. Der Mode-Virus attackiert die gesamte Stadt und bietet dem Interessierten Catwalks, Showrooms, Fotografie, Musik und natürlich gute Laune. Dieses Jahr hatte das Publikum beim Fashion Film Festival zum ersten Mal die Möglichkeit, die Arbeit von Designern auf der Leinwand zu verfolgen.

Eine Modenschau ist immer eine große Freude: Sie bringt dem Publikum eine beträchtliche Vielfalt an Emotionen, versammelt extravagantes Publikum wie Mode-Blogger, Designer und Regisseure. Der 3. Juli im Radialsystem, an dem das Festival eröffnete, brachte allerdings nicht nur Filme sondern auch eine Überraschung mit sich: Der Church Chica Catwalk erweckte den Eindruck, als wenn die Models direkt aus dem gezeigten Film treten würden. Begleitet von einer tollen Tom Van der Borght-Präsentation, fand am Mittwoch das Gewinner Screening im „Wye“ statt. Im Untergeschoss befand sich ein Showroom mit Kollektionen verschiedener Designer: eine Hutkollektion aus Recycling-Produkten, Leder-Armbänder, Taschen, merkwürdige Schuhe und allerlei Accessoires. Am Donnerstag wurde der offizielle Catwalk mit einer Rede von Niccolo Montanari (FIER management) eröffnet. Um 21 Uhr folgte eine Filmauswahl im Neuköllner Scoop.

Das Fashion Film Festival war mehr als nur ein Screening – es ist designtes Leben. Die Arbeiten wurden in sieben Kategorien von sieben Jurymitgliedern aus verschiedenen Teilen der Welt ausgewählt. Justin Andersons Film „Get Richard“ geann in den Kategorien „Best Idea“, denn er ist sexy, gefährlich und besitzt eine schöne Farbgestaltung. Tata Christiane wurde in der Katergorie „Best Fashion“ für ihre Arbeit zu dem Film „Das Schloss“ ausgezeichnet. Fashion Zombies begrüßen hier ihre Prinzessin, in dem sie ihr statt einer Krone eine intelligente Kappe überreichen. Guter Schnitt, toller Sound – jedoch ist der Wald in seiner Darstellung klischeetriefend. Da gab es leider nichts, was überraschte.

Calum Macdiarmid gewann mit „Staman“ in der Kategorie „Best Music“, die Musik stammt Michael James Thomas. Sein Film ist voll von auffälligen minimalistischen Innenaufnahmen, aber die Idee des Films selbst ist nicht frisch: Frau, Blumen und Appetenz – das hat man alles schon gesehen. Jedoch sind die Bilder Macdiarmids hoch ästhetisch: Als die männliche Hand in einen Eimer gelber Chrysantheme greift, bricht am Kulminationspunkt natürlich der Spiegel. Gut, es geht hier ja um Musik. Christian Straubs Auftragsarbeit „The Game of Things“ für das deutsche Label Ethel Vaughn wurde für die Beste Kameraarbeit ausgewählt. Einfach, schnell und insgesamt ganz unterhaltsam erlebt man eine romantische Geschichte in warmen Tönen, die den Zuschauer zu allen möglichen Settings führt.

Alles in allem waren die ausgewählten Filme sehr unterschiedlich. Einige von Ihnen benutzen einen Werbeansatz, recht wenige wiesen ein durchdachtes Narrativ auf und einige Regisseure beschlossen äußerst radikal und experimentell vorzugehen. So ist es nicht verwunderlich, dass die meisten der Kurzfilme mit elektronischen Klängen unterlegt wurden. Klar – schnelle elektronische Musik vermittelt am besten die harsche, zeitgenössische Mode. Interessanterweise stand so auch die Eleganz nicht im Vordergrund. Filme mit einem radikalerem Ansatz wurden oftmals mehr gewürdigt als bloße Werbefilmchen, die kann man schließlich auch im Fernsehen sehen. Gefahr, Allegorie, Märchen, Entsetzen – Kino ist der Weg, um Grenzen zu brechen und in diesem Fall Mode aus einer anderen Perspektive zu zeigen. Mit dem Fashion Film Festival konnte man letztlich wenig falsch machen. Es war gut besucht und ein wenig Planung konnte auf Grund der vielen parallelen Events nicht schaden. So verwundert es nicht, dass am Sonntag noch ein zusätzliches Screening für diejenigen gegeben wurde, die unter der Woche keine Zeit hatten.

Jekaterina Petrova