Recontres Internationales im HKW
Scharfsinnig international
Und wieder einmal das Haus der Kulturen der Welt, das sich mit dem gewissen Mehr ein Zuckerhütchen im Bereich „Festival mit akademischem Anspruch“ aufsetzt und das Hemd bis zum obersten Loch zuknöpft. Schick und im positiven Sinne strapaziös – sechs Tage lang, vom 3. bis 8. Juli, erwartet den reflektierten Besucher ein gewohnt anspruchsvolles Programm unter dem klangschönen Namen Recontres Internationales Paris/Berlin/Madrid – mit hoffentlich übersichtlich gestaltetem Heftchen dazu.
Geboten wird eine Auswahl von 150 bisher unveröffentlichten Werken aus Frankreich, Deutschland, Spanien und 40 weiteren Ländern, welche die Kuratoren Nathalie Hénon und Jean-Francois Retting zusammengestellt und unter liebevolle Themendächer versammelt haben. Der Katalog wiederum fasst die Angelegenheit Recontres Internationales weniger gefühlig: Die Unterscheidung zwischen dokumentarischen und fiktionalen Ansätzen löst sich zunehmend auf, unsere Sehgewohnheiten werden hinfällig, neue Herausforderungen verlangen nach neuen Ansätzen.
Über jene neuen Ansätze darf in diversen Diskussionsrunden debattiert werden, zu welchen sich Fachleute, Künstler und Publikum am Festivalwochenende einfinden sollen. Die visuelle Form dieser wird wiederum in 18 verschiedenen, äußerst dichten, Screeningblöcken verabreicht, welche unter jeweils eigener Thematik zusammengefasst sind. So finden sich filmische Collagen zu den Schlagworten „Identität“, „Gemeinschaft“, „Referenz: Kino“, „Geister“, „Hypercinema“, „Katastrophe“, „Nach der Arbeit“ oder „Stillstand“, wobei den Zuschauer je Block zwischen zwei bis neun verschiedene Beiträge erwarten. Uff!
Besonderer Schwerpunkt der diesjährigen Edition ist die Verleihung der sogenannten Carte Blanche, die Künstlern einen eigens gestalteten Abend ermöglicht. Am 6. Juli wird diese Ehre Mark Lewis, Fotograf, Filmemacher und Videokünstler, zuteil, der 16 Arbeiten seiner aktuellen Videoproduktion als persönliche Werkschau im Theatersaal präsentiert. Mit einer Carte Blanche beehrt fühlen darf sich außerdem Pedro Costa, welcher zu einem ominös betitelten „besonderen Filmabend“ lädt. Eine, nicht minder relevante, Information zum Schluss: Alle Programmpunkte sind gänzlich kostenfrei.
Carolin Weidner
Recontres Internationales, 3. bis 8. Juli, Haus der Kulturen der Welt, Programm unter www.art-action.org