Teil 1: Wir blicken zurück auf das Jahr 2012

Jahresbilanz 2012


PR-TAM-TAM von Cosima Grohmann

Kino, das wurde 2012 mal wieder deutlich, definiert sich immer mehr über seine öffentliche Wahrnehmung und der Größe der PR-Lawine, mit der ein Film in die Säle rollt. Dabei sind gerade Filme, die eine vergleichsweise kurze Aufmerksamkeitsspanne im Feuilleton und Zuschauerraum bekommen, oftmals die eigentlichen Stars eines Kinojahres: In „Gnade“ liefern sich Birgit Minichmayr und Jürgen Vogel beispielsweise ein spannendes Gefecht zwischen Schuld und Sühne, Nervenzusammenbruch und Verdrängungskunst. Die Lösung liegt irgendwo dazwischen – und das war den meisten wahrscheinlich zu wenig. Etwas mehr Beachtung von Kritik und Zuschauern bekam da schon das konsequent durchdeklinierte Familiendrama Was bleibt“ von Hans-Christian Schmid. Subtil und dennoch grausam offensichtlich entlarvt er die Mechanismen, die entstehen, wenn jahrelang eingespielte Rollenmuster aufbrechen und nichts mehr so ist, wie es sich alle so schön eingerichtet hatten. In „Was bleibt“ sind die Verrückten normal und die Normalen verrückt – am Ende bleibt ein leerer Wagen und ein einsames Weihnachtsfest.

Mit großem PR-Tam-Tam und Merchandise-Gedöns wurde hingegen mal wieder der neue James Bond inszeniert. Statt aber sein Versprechen von ultracoolem Dandytum und global agierender Verbrecherjagd stilvoll fortzuführen, muss es auf einmal ganz privat werden.Wie nun genau die Backstory von M. und Bond aussieht, ist nun ziemlich das letzte, was ich von dieser Geschichte wissen will. Kann man diese selbstreferentiellen Kapriolen noch als nervige Schleife im Kinoserien-Kosmos begreifen, passt das bewusst inszenierte Irreführen der Zuschauer zu Gunsten der PR-Maschinerie zwischen keine zwei Skateboard-Rollen. Bei der „dokumentarischen Erzählung“, wie der zunächst als Dokumentarfilm angekündigte „This ain’t California“ später von seinen Produzenten genannt wurde, ließen sich Kritiker (inklusive mir) und Zuschauergemeinde mehr oder weniger ahnungslos auf den glatten Asphalt der einstigen DDR führen. In der in diesem Jahr gerne angewandten Salamischeibentaktik kam Stück für Stück die Wahrheit ans Licht: Statt atemberaubenden Archivmaterial schnödes Reenactment, statt fundiert gekennzeichnete historische Bilder Augenwischerei mit Comicstrips und erfundenen Biografien. Schade und – im Gegensatz zu Herrn Bond – wirklich ärgerlich, denn eigentlich war er doch echt cool, dieser kleine rotzige DDR-Skaterfilm.

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