Teil 1: Wir blicken zurück auf das Jahr 2012

Jahresbilanz 2012


ZWISCHEN EINSCHLAFEN; BEGEISTERN UND AUFREGEN von Verena Manhart

Bei mir begann das Filmjahr 2012 – Urlaub in Mittelamerika sei Dank – erst mit der Berlinale Anfang Februar. Und zwar nicht mit wohlausgewählten Pressevorführungen, sondern ganz simpel mit dem Eröffnungsfilm. Und der war dann gleich mein Kinoflop des Jahres. „Leb wohl, meine Königin“ ist mit Abstand das Langweiligste, was ich je auf einer Berlinale gesehen habe. Warum ich nicht bereits bei dieser lieblosen Verfilmung mit der wieder und wieder völlig überschätzten Diane Kruger im Kinosessel eingenickt bin, sondern erst kurze Zeit später bei dem doch relativ krachigen und durchaus amüsanten Haywire“ mit einer um sich schlagenden Martial Arts-Kämpferin und ihren zahlreichen männlichen Opfern, ist mir unerklärlich. Trotz dieses misslungenen royalen Auftaktes des schillerndsten aller Berliner Filmfestivals konnte mich Die Königin und der Leibarzt“ dann durchaus von der Berechtigung opulenter Kostümfilme überzeugen. Die dänische Produktion mit dem wunderbaren Mads Mikkelsen als besagtem Leibarzt und dem zu Recht mit dem silbernen Bären ausgezeichneten Mikkel Boe Folsgaard als komplett aus der Spur geratenen König war einer der ausgewogensten Filme des Jahres.

Die schwedische Darstellerin der Königin – Alicia Vikander – begegnete mir in der Sektion Generation gleich noch einmal und konnte mich in „Kronjuvelerna“ von ihrer Vielseitigkeit überzeugen. Mein absolutes Highlight der 62. Internationalen Filmfestspiele war aber ohne Frage die Dokumentation „Call me Kuchu“ von Malika Zouhali-Worral und Katherine Fairfax Wright. Die beiden Frauen begleiteten David Kato, den ersten schwulen Aktivisten Ugandas, und seine Mitstreiter beim täglichen Kampf gegen die gewalttätige Homophobie in Uganda. Diese Doku, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und mittlerweile zum Glück weltweit gezeigt wurde, ist so eindringlich, erschreckend und aufrüttelt und gehört zu den wichtigsten Dokumentationen überhaupt.

Doch 2012 war natürlich nicht alles nur Berlinale. Während mich bei meinen persönlichen Lieblingsfestivals des Jahres – achtung berlin, Zebra Poetry Festival und KUKI – vor allem die leisen Töne beeindruckten – die Doku „Werden Sie Deutscher“ von Britt Beyer, der Poesiefilm „Heimat“ von Peh und die Kinderkurzfilme „Paper Hearts“ von Rob Brown und „L’equip petit“ von Dani Resines und Roger Gómez  – lockten mich fernab vom Filmfesttrubel vor allem die großen Blockbuster in den Kinosessel. Und so habe ich mich sowohl bei „The Avengers“ also auch bei „The Dark Knight Rises“ wunderbar unterhalten gefühlt, mich  bei „Cosmopolis“ mit einem überforderten Robert Pattinson schrecklich gelangweilt und bei „The Master“ zwar stellenweise ebenfalls ein leichtes Gähnen unterdrücken  müssen, aber von dem Duo Philip Seymour Hoffman und Joaquin Phoenix durchaus hingerissen war. Davon gerne mehr 2013. Vor allem von Joaquin. Hach. Wen ich mir kommendes Jahr jedoch nicht mehr geben werde, ist Bradley Cooper.

Der Hangover-Star sollte am 21. Dezember seinen neuen Film „Silver Linings Playbook“ in der Berliner Astor Filmlounge präsentieren. Und ja, für einen Magendarm-Infekt kann wirklich niemand was, aber dass die Pressetanten erst zwanzig Minuten vorher darüber informieren und uns dann noch nicht mal ins Kino lassen – ja, ich interessiere mich tatsächlich stets mehr für die Leinwandleistung als für das Promigewackel auf dem roten Teppich – war echt oll. Dafür kann der Bradley vielleicht nix, aber irgendwer muss es ja ausbaden. Die letzten Tage des Jahres lasse ich mich jetzt noch auf pelzige Füße im Auenland ein und auf „fantastische Eiszeitmonster, die nur von einem zuckersüßen Mädchen mit Lockenkopf besiegt werden können“, wie mein Kollege Denis es beschreibt. Und hoffe, der Hobbit und die kleine Hushpuppy in „Beasts of the Southern Wild“ beenden mein Filmjahr 2012 mit allen Höhen und Tiefen noch einmal fantastisch-mitreißend.

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