Cinespañol Filmtournee 2013

Alltägliches auf großer Leinwand


"18 comidas": Hausfrau und Mutter Sol mit ihrem Sohn Gael. Foto Cinespañol

"18 comidas": Hausfrau und Mutter Sol mit ihrem Sohn Gael. Foto Cinespañol

Ende 2011 startete mit Cinespañol eine spanischsprachige Filmreihe, deren Premierenstaffel uns bereits mit anrührenden Familienportraits, spannenden Charakteren und einem besonders unaufgeregten Blick überzeugte. Jetzt geht die Reihe mit vier neuen Filmen in die zweite Runde.

„Alles geht schief“ singt Straßenmusiker Edu und wenn man im Laufe des Films einen kleinen Teil seiner Geschichte erfährt – der, in dem es um die Liebe geht, versteht sich – dann wird klar: der Mann weiß, wovon er singt. Obwohl „18 comidas“ („18 Mahlzeiten„) eine lockere Sammlung von Episoden ganz unterschiedlicher Charaktere ist, so ist es doch Edu, der sich einprägt. Der Film von Jorge Coira, der parallel auch regulär im Kino läuft, präsentiert in kleinen Häppchen und lose verknüpft die Geschichten einer Hand voll Menschen im spanischen Santiago de Compostella, die der Zuschauer beim Frühstück, Lunch und Dinner kennenlernt. Der einzige, dem wir abseits der Esstisches begegnen, ist Edu, der mit seinen gesungenen Lebensweisheiten die Episoden zusammenhält. Als er von der Liebe seines Lebens, der frustrierten Hausfrau und Mutter Sol, zum Essen eingeladen wird, leidet man mit dem melancholischen Überlebenskünstler, der sich mit seiner Rolle als ewiger Verlierer schon arrangiert zu haben scheint. Gespielt wird Edu von dem wunderbaren Luis Tosar, der dem ein oder anderen vielleicht als aufständischer Häftling Malamadre in „Celda 211“ oder als Filmproduzent Costa in Berlinale-Publikumsliebling „También  la lluvia“ („Und dann der Regen„, Berlinale 2011) in Erinnerung geblieben ist. In „18 comidas“ lernt der Zuschauer seine leise Seite kennen. Während die anderen Geschichten des Films zwischen brutzelndem Speck und frisch gepresstem Orangensaft mal mehr, mal weniger intensiv gezeigt werden, bekommt der Zuschauer zu Edu gleich eine Verbindung. Bei dem unsympathischen Vladimir dauert das länger. Mit ihm bekommt man erst Mitleid, als er sich zum dritten Mal in der Küche verausgabt, um ein köstliches Menü aus ausgewählten Zutaten für seine Angebetete zu kochen – und diese ihn zum dritten Mal sitzen lässt.

Diese kleinen, alltäglichen Geschichten sind es, die sich Daniel Ó Dochartaigh vom Filmverleih Cine Global ausgesucht hat, um ein besonderes Lebensgefühl zu transportieren. Neben dem spanischen Zugpferd „18 comidas“ zeigt Cinespañol 2 die Dokumentation  „Escula normal“ („Schulalltag„), die 2012 im  Forum der Berlinale zu sehen war. Einen Tag Mäuschen spielen in einer argentinischen Schule, an der gerade die hitzigen Debatten um die neue Schülermitverwaltung laufen, und die Schüler erkennen, dass Demokratie viel Arbeit bedeutet und es als Politiker gar nicht so einfach ist. Währenddessen versucht die engagierte Schulleiterin den aus den Fugen zu geratenen Schulbetrieb zusammenzuhalten. Ebenfalls aus Argentinien kommt „La suerte en tus manos“ („Das Glück in deinen Händen„), eine Liebesgeschichte, die Regisseur Daniel Burman  im jüdischen Milieu von Buenos Aires spielen lässt, wie auch schon sein melancholisches „El Abrazo partido“ („Die verschwundene Umarmung„), mit dem er 2004 den Großen Preis der Jury auf der Berlinale gewann. Etwas weniger beschaulich als die ersten drei Filme ist der kolumbianische Beitrag „Jardín de amapolas“ („Mohnblumenwiese„), bei dem ein zehnjähriger Junge seine Kindheit zwischen Drogenmafia und Militär nur dank einer wunderbaren Freundschaft zu einem Mädchen und einem Hund genießen kann. Wie schon beim ersten Teil von Cinespañol ist es auch hier die Sicht aus Kinderaugen, die den Film so besonders stark und sehenswert macht. Mehr davon.

Verena Manhart

Cinespañol – Filmtournee 2, 17.1. bis 27.2. 2013 in den Berliner Kinos Acud, Babylon Mitte, Bundesplatz Kinos, Central, Eiszeit, Tilsiter & Zukunft, Programm und mehr unter www.cinespanol.de