Gert Fröbe Retrospektive im Babylon

Gert Fröbe: Der gemütliche Sachse



Jedoch spielte Fröbe gegen Rührmanns Kommissar in Dürrenmatts „Es geschah am hellichten Tag“ noch den Kindermörder. Der Blick von schräg unten, das Kichern aus quietschender Kehle – Fröbe war ein Schauspieler, der sich Psychogramme aus schauspielerischen Kabinettstückchen zusammensetzte. Er wusste, dass, wer füllig ist, leise sein muß, und wer böse, sich einfühlsam zu geben hat. So konnte er tänzelnd, fast gewichtslos gehen und verbreitete einen schleimigen Charme. Ein jeder kennt ihn als Oberschurke im James-Bond-Film „Goldfinger„. Als Oberst Manfred von Holstein in „Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“ begeisterte er weltweit das Publikum und die New York Times schrieb ihn glatt zum „wandlungsfähigsten Schauspieler Deutschlands“ hoch.

Er war einer von wenigen Deutschen, denen man nach Kriegsende das Nazi-Sein verzieh. Vielleicht weil er den Aufstieg der Deutschen filmgerecht wiederspiegelte: Erst war er dünn und verschüchtert, dann breit und selbstgefällig, die Wirtschaftswunder-Zigarre in der Schnute. Dann die Weltkarriere: Goldfinger. Da war er der fette, bleiche, rotblonde Gegenspieler des drahtigen, muskulösen James Bond (Sean Connery), dem er mit dem Laserstrahl die Genitalien verkokeln wollte. Die Verkörperung der Impotenz des Geldes, ein Sachse, der Fort Knox radioaktiv verseuchen wollte, eine gemütliche Fortsetzung von Auschwitz mit anderen Mitteln. Mit ihm verlor Deutschland einen seiner wichtigsten Schauspieler. Michael Straven wird das Potporee der bekanntesten Filme Fröbes mit einer Lesung aus seinem Buch über den Dickhäuter mehr als nur ergänzen. Auch wenn Gert Fröbe ein Leben lang darunter litt, meistens den Bösewicht geben zu müssen, blieb er doch unser Liebling. Bekunden wir unsere Zuneigung.

Joris J.

Retrospektive: Gert Fröbe wird 100; 1. bis 10. März 2013, Kino Babylon. Hier ein Programm-Überblick auf der Website des Kinos.

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