Im Gespräch mit FilmFestivalLife-Gründer Luca Zamai
Aufmerksamkeit für die eigene Arbeit schaffen
Wo setzt die von Dir gegründete Plattform FilmFestivalLife an?
In erster Linie bieten wir dem Filmschaffenden Orientierung. Eine der Hauptgründe die Plattform zu starten war das Fehlen einer dezidierten, übersichtlichen und stets aktuellen Rechercheplattform. Unsere kuratierte Datenbank ermöglicht die effiziente Recherche nach geeigneten Festivals. Über ein, auf den Prozess zugeschnittenes, Filtersystem kann man schnell relevante Festivals finden und miteinander vergleichen. Ein Ratingsystem unterstützt einen dabei, die Erfahrung vergangener Festivalteilnehmern als Entscheidungshilfe hinzu zu ziehen. Das System informiert den Nutzer rechtzeitig über Open Calls und Deadlines von Festivals. Man kann außerdem die Festivalkarriere anderer Filmemacher folgen – ähnlich wie bei Twitter, hält einen ein eigener Feed über die Festivalteilnahmen von Filmemachern auf dem Laufenden. FilmFestivalLife ist in der aktuellen Form also ein Mashup aus Search Engine, Strategietool und Sharingplattform. Das Angebot wird ergänzt durch unseren Blog, auf dem wir Fokusberichte über Festivals mit offenem Einreichungsfenster und besonders erfolgreiche Filmemacher publizieren, sowie monatlich Listen von Festivals mit aktuellen Deadlines, Festivals mit speziellem Fokus und firmeninterne News. Und nun stehen wir unmittelbar vor einem wichtigen Schritt: die Einführung eines eigenen Submitters.
So eine Plattform international aufzubauen ist sicher kompliziert. Was waren die größten Hürden?
Die Finanzierung eines kulturbezogenen und nicht an den Endkundenmarkt adressierten Vorhabens ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Institutionelle VCs (Anm.: Risikokapital) kommen nicht in Frage, branchenaffine Business Angels sind schwer zu finden und gerade in Deutschland mit dem Thema Internet leider noch sehr wenig vertraut – ergo schwer zu begeistern. Ich hatte das Glück sehr früh Unterstützung von öffentlichen Institutionen zu bekommen. Die größte Hürde war aber die eigentliche Entwicklung. Beim Programmieren von solch komplexen Lösungen dauert alles länger als es dauern soll. Die internationale Komponente erwies sich für uns eher als Chance. In Zeiten des Social-Webs hat man global und unmittelbar Zugang zur adressierten Zielgruppe. Man erreicht Menschen mit dem angesprochenen Schwerpunkt viel schneller und effektiver, als durch klassiche Marketing- und Vertriebswege. Darüber hinaus funktioniert unser Markt nur global. Die Festivalwelt ist ein komplexes Biotop, das einen großen Mangel an Übersichtlichkeit besitzt. Eine Lösung, die dieses Problem adressiert, ist also überall gleich interessant.
Ihr werdet in den kommenden Tage Eure Beta-Phase hinter euch lassen. Was erhoffst Du Dir für die Zukunft?
Wir gehen von einer Beta-Phase in die nächste. Wir hatten in den letzten Monaten Gelegenheit, die Plattform zu debuggen und zu optimieren. Dieser Bereich scheint nun so zu laufen, wie wir uns das vorgestellt haben. Die Userzahlen steigen. Auf der anderen Seite launchen wir in den nächsten Wochen unseren eben erwähnten Submitter. Festivals werden die Filmauswahl für ihr Festival über FFL treffen können. Filmemacher werden ihre Filme hochladen und einreichen können, Festivals die eingereichten Filme online sichten, bewerten, auswählen und die Kommunikation abwickeln. Jeder Festivalorganisator wird einen persönlichen virtuellen Screening-Room haben, in dem er die Filme sichten und bewerten kann. Die Hoffnung ist nun, dass möglichst viele Festivalorganisatoren unseren Vorteil erkennen und das Tool annehmen.
Gibt es für Dich in absehbarer Zeit einen Weg zurück zum Film, hinter die Kamera?
Im Moment denke ich nicht ernsthaft darüber nach. Meine Priorität ist FilmFestivalLife. Dennoch habe ich das Filmemachen nicht ganz abgeschrieben. Ich unterhalte mich häufig mit befreundeten Autoren und Filmemachern über potenziell interessante Projekten. Ich füttere einen privaten Blog mit Ideen bezüglich eines Thriller/Liebesdrama à la „Cul-de-Sac„, das mich seit Jahren nicht in Ruhe lässt. Ich speichere dort allerlei Fotos, Clips, Musik, potenzielle Figuren, Plotlines, Prämissen, Szenen und Locations. Ich freue mich maßlos auf den Tag, an dem ich mit ein wenig Zeit, das wieder durchstöbern werde und möglicherweise einen Stoff vorfinden werde. Sehr große Lust hätte ich auf eine Serie. Serien haben sich als das zeitgemäßeste Vehikel für Geschichten etabliert. Sie weisen so viel mehr Ausdruckpotenzial gegenüber dem klassischen Zwei-Stünder auf. Ich kann mir aber auch vorstellen, nach FilmFestivalLife ein weiteres Unternehmen aufzubauen. Abseits des Filmbusinesses. Alles Zukunftsmusik.
Die Fragen stellte Martin Daßinnies
Berlinale-Party-Tipp: „Screeners“ ist die Party für junge Filmemacher während der Berlinale 2013. Ein Open Screen, laute Musik und ein Swimmingpool – der zu einer Bar umfunktioniert wurde – sind am Sonntag den 10. Februar in der Prince Charles Bar zu fnden. Die Party ist durch die Zusammenarbeit von FilmFestivalLife, Raindance, NISI MASA und Berlin Film Society möglich und steht jedem Filmbegeisterten offen.