Lavinia Wilson im Interview zu “Quellen des Lebens”

"In meinem Beruf werde ich immer als Objekt beurteilt."


Lavinia Wilson als Gisela Ellers in "Quellen des Lebens" von Oskar Roehler. Foto: X-Verleih

Lavinia Wilson und Moritz Bleibtreu in "Quellen des Lebens" von Oskar Roehler. Foto: X-Verleih

Schauspielerin Lavinia Wilson debütierte mit elf Jahren in „Leise Schatten“ von Sherry Hormann. Aufmerksamkeit erregte ihr Film „Allein“ (2004), wo sie die psychisch kranke Maria spielte und dafür mit dem Max-Ophüls-Preis als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet wurde. 2009 gewann Wilson für ihre Rolle in „Frau Böhm sagt Nein“ den Adolph-Grimme-Preis. Im Interview spricht sie darüber, wie sie in „Quellen des Lebens“ die Mutter des Regisseurs Oskar Roehler darstellte, warum Sexismus zum Schauspieleralltag gehört, weshalb sie als ‚Die Schlaue‘ abgestempelt wird und über ihre Rolle in der Verfilmung des Roche-Bestsellers „Schoßgebete„.

Frau Wilson, im autobiographisch gefärbten Film „Quellen des Lebens“ von Oskar Roehler spielen Sie die Schriftstellerin Gisela Elsner, die Mutter des Regisseurs. Wie hat er Sie auf die Rolle vorbereitet?
In erster Linie habe ich mich vorbereitet. Ich versuche nicht die reale Person darzustellen. Davon wollte ich mich freimachen, auch wenn ich mir Originalinterviews mit Gisela Elsner angesehen habe. Oskar Roehler sagte mir, dass es ein Teil seiner Familiengeschichte ist, er aber nicht angetreten sei, eine Dokumentation zu machen.

Roehler zeichnet von Gisela Elsner das Bild einer schlechten Mutter…
Als Figur ist sie ein totales Geschenk. Figuren müssen ja nicht sympathisch, sondern interessant sein. Und uns Schauspielern machen die netten Figuren weniger Spaß. Sie ist eine schlechte Mutter, daran ist nicht zu rütteln. Als Figur verändert sie sich mit der Schwangerschaft, mit der sie nicht klarzukommen scheint. Es gibt da sicherlich psychologische Erklärungen, aber darauf habe ich verzichtet und mir vorgestellt, dass da ein Alien in meinem Bauch wächst. Neben dem, dass sie eine schlechte Mutter ist, schreit sie nach Liebe und danach, gesehen zu werden. Je lauter sie schreit, desto weniger funktioniert es, das ist total spannend. Ihre Exzentrik rührt von dem naiven Gedanken her, sich für den Mittelpunkt der Welt zu halten.

Wie beurteilen Sie ihre Rebellion?
Sie ist pubertär und begehrt gegen die Werte ihrer Eltern auf. In der Radikalität, in der sie das tut, war sie ihrer Zeit wahrscheinlich voraus, das gehört zu ihrem Drama, ihrer Tragik. Sie war für ihre Zeit vielleicht ein wenig zu emanzipiert.

Die Gisela Elsner im Film kämpft in einer sehr chauvinistischen Welt, ein Thema das auch heute wieder breit diskutiert wird. Was halten Sie von der aktuellen Sexismus-Debatte?
Ich kann das nur schwer beurteilen. Ich denke, das Interesse geht jetzt hoch, aber in drei Wochen redet keiner mehr davon. Der alltägliche Sexismus ist Realität. Aber ich als Schauspielerin bin die Letzte, die sich darüber beklagen kann.

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