Rückblick auf das 2. Berlin Fashion Film Festival
Starker Auftritt von Mr. White und Mr. Pink
Eine Frau mit Rokkoko-Reifrock in Neongelb, ein Mann, dessen Jeans bis über den Bauchnabel hochgezogen ist und der außer hohen Springerstiefeln nichts weiter trägt oder eine Pärchen, das in Kunstfell-Weste und Ascot-Hüten aus Plastik vor der Fotowand für die Presse posiert? Kein Zweifel, es ist mal wieder Fashion Week in Berlin. Dass die geladenen Gäste am Donnerstagabend Besucher des zweiten Berlin Fashion Film Festivals sind, wird erst auf den zweiten Blick deutlich. Auf dem Badeschiff der Arena und dem angrenzenden Glashaus präsentierte die Jury – die unter anderem aus Boris Entrup und DJ Hell bestand – die nominierten Clips und die finalen Gewinner.
Die Maßstäbe für einen gelungenen Fashion-Film, Fashion-Clip, Mode-Spot, oder wie auch immer man die Kurzfilmchen nennen mag, sind dabei freilich etwas anders gelagert, als es der Kurzfilm-Festival-Besucher gewohnt sein mag. „Der wichtigste Protagonist in einem Fashion Film ist immer die Mode“, heißt es am Anfang der Award-Show – wie wird also die Ästhetik eines Labels, ein bestimmter Style einer Marke zu einem künstlerisch wertvollen Kurzfilm umgesetzt? In den Clips in den drei Kategorien „Opening Screening“, „Young Guns Screening“ und „Meet the Locals“, die am Dienstag und Mittwoch jeweils für ein bis zwei Stunden im Arsenal gezeigt wurden, konnte man vier Richtungen ausmachen: Entweder der Filmemacher entschied sich für ein starkes Narrativ, wie etwa Wes Anderson für das Parfum Prada Candy.
Der Clip, in dem zwei Beaus um die Gunst des Testimonials Léa Seydoux buhlen, gewann in der Kategorie „Best Production Design“. Beliebt waren auch grafische Annäherungen, die mit vielen Split-Screens und CGI-Elementen spielten. Natürlich erntete dabei Alexander McQueen in einem Film von Jamie Brunskill viel Applaus, das Label gilt – auch nach dem Tod des Chefdesigners – als eines der innovativsten im Bereich Haute Couture. „Seraphim“ zeigt nackte Körper und Gliedmaßen, die in einer langsamen Animation ineinander und wieder auseinander fließen.
Ein weiterer Trend ist das Spiel mit dem Okkulten, Düsteren, gerne auch Sadistischen. Hier scheinen Fashion-Filmer die Bewegtbilder geradezu herbei zu sehen, um die Botschaft zu vermitteln: Mode ist obessiv und entzieht sich jeglicher Kontrolle. Der Film „Good+Evil“ von Chris Turner etwa spielt mit dem ältesten Gegensatzpaar der Menschheitsgeschichte und lässt seine Protagonistinnen eine ekstatische Choreographie vor Kreuzen und anderen Reliquien durchführen. Dass dabei Stereotype wie die Inszenierung von schwarzer und weißer Hautfarbe, Nonne und Femme Fatale, Exotismus und Vodookult reproduziert werden, scheint niemanden zu stören. Auch darin wird deutlich, dass sich das Fashion Film Festival eben in allererster Linie an der Modebranche orientiert und nicht an politisch korrekten Inhalten oder dem Aufbrechen von Dualismen.