Nico Sommer über seinen Film „Silvi“

"Ich nenne das Snowballfunding"


"Silvi stürzt sich ja förmlich in neue "Abenteuer." Foto: Alexander du Prel

"Silvi stürzt sich ja förmlich in neue Abenteuer." Foto: Alexander du Prel

Ihr Film ist mit relativ kleinem Budget produziert und mit Hilfe von Crowdfunding finanziert. Wie wichtig ist diese Form der Finanzierung heute für einen unabhängigen Filmemacher? Und wie gewinnt man Menschen in anonymen Netzwerken dafür, an seine Arbeit zu glauben und dafür Geld zu geben?
Ja, fast richtig. Crowdfunding ja, aber nicht das klassisch-anonyme auf den üblichen Plattformen, die wir kennen. Dieser Schritt steht noch an, vermutlich wenn wir nach der geplanten Festivaltour ins Kino gehen. Ich habe innerhalb meines engsten Freundes- und Familienkreises Geld in verschiedenen Höhen gesammelt. Weiterhin haben die wiederum ihren engsten Kreis angezapft. Ich nenne das für mich persönlich ein Snowballfunding. Eigentlich ist es unendlich, aber irgendwann doppeln sich dann die Freunde. Der Unterschied ist tatsächlich, dass ich sofort jemand direkt erreiche. Ich erzähle ihm vom Problem der Finanzierung und erhalte sofort eine Antwort, egal in welcher Form. Ich pitche es im Minutentakt quasi. Der Prozess des Crowdfundings im Internet dauert ja eine gewisse Zeit und lohnt meines Erachtens erst, wenn man eine Art „Fanbase“ hat. Die habe ich nicht, oder meine ist zu klein. Das versuche ich noch herauszufinden. (lacht) Diese Art der Finanzierung finde ich noch direkter und ehrlicher. Ich sage meinen Freunden auch: „Ihr unterstützt mich damit sehr, aber ihr werdet euer Geld vermutlich nie wieder sehen. Ist das Okay für Dich?“ Das hinterlässt vermutlich einen ehrlichen Eindruck und gibt ihnen das Gefühl, ein echter Teil der Filmproduktion und damit tatkräftige Hilfe zu sein. Aber es steckt natürlich auch meine eigene Kohle in dem Film. Klar.

Welche Freiheiten entstehen durch diese Finanzierung und mit welchen Nachteilen muss man als Filmemacher leben?
Die Freiheit ist ganz klar auf unserer Seite als Filmemacher, vor wie hinter der Kamera. Jeder kann sich entfalten. Wir tragen volle Verantwortung und haben die komplette Kontrolle über die Zeit, das Geld, die Verwendung des selbigen etc… Ich gehe mit dem Geld anders um, weil ich es hart durch Funding besorgt habe. Natürlich hast du auch im Vorfeld des Drehs im Idealfall gleich eine kleine Truppe von Fans zusammen, die dem Film treu bleiben bis er auf DVD/BlueRay erscheint.

Mit den Regisseuren Axel Ranisch („Dicke Mädchen„), Tom und Jakob Lass (u.a. „Kaptn Oskar, Love Steaks„), deren Filme in der Vergangenheit zahlreiche Preise gewonnen haben, verbindet Sie, das sieht man auch in Ihrer neuen Arbeit, ein ähnlicher Arbeitsstil. Sie verzichten auf ausstaffierte Szenenbilder, drehen an Originalschauplätzen und setzen, wie etwa mit Schauspieler Peter Trabner, auf die gleichen Charakterköpfe. Ist das eine, vorsichtig formuliert, neue Berliner Schule, die sich abwendet vom subventionierten Filmemachen?
Ja. Ganz klar. Axel nennt es die Berliner Sonderschule. (lacht) Ich hoffe, ich schaffe es wie Klaus Lemke meine Filme zu drehen: Der dreht LowBudget, bezahlt aber jeden mit seinem eigenen Geld – zwar wenig aber er tut es noch am Set. Später verkauft er den Film dann ans ZDF oder sonst wohin. Lemke hat aber auch zu einer anderen Zeit begonnen, Filme zu drehen und stand definitiv nicht so unter Konkurrenzdruck, wie es die heutigen Filmemacher sind. Lemke lebt vom „Rocker„. Hier in Berlin wird der Markt überschwemmt und jeder will seinen Teil vom vermeintlich schmackhaften Kuchen. Ich erträume mir, staatlich unsubventioniert zu produzieren. Ich hoffe das klappt. Aber so wie es gerade läuft, fährt das deutsche Kino weitestgehend an die Wand. Man muss die Zügel wieder lockern auf Förderseite und auf Fernsehseite. Vor allem aber darf man Förderung und Fernsehen mal wieder voneinander trennen. Das sind zwei Mannschaften: Wenn beide auf das gleiche Tor schießen, ist das Spiel eben verdammt langweilig. Aber am Ende des Tages entscheidet das Publikum.

Die Fragen stellte Martin Daßinnies

Kinostart 3. Oktober 2013

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