Pornfilmfestival 2013 im Moviemento

Im Zeichen härterer Gangart


"Der Fremde am See": An einem abgeschiedenen, kristallklaren See begegnen sich zwei schöne Männer. Foto: Alamode Film

"Der Fremde am See": An einem abgeschiedenen, kristallklaren See begegnen sich zwei schöne Männer. Foto: Alamode Film

Nein, Berlin ist sicher nicht der Standort, an dem ein Filmfestival ohne Probleme über Dekaden hinweg bestehen könnte. Tatsächlich ist es schon eine ziemlich große Sache, wenn eines über fünf Jahre ein paar rote Kreuze im Kalender erhält. Und wir freuen uns, dass das Pornfilmfestival diese Woche vom 23. bis 27. Oktober im Kreuzberger Kino Moviemento mit einigen besonders dicken Markierungen die Herbstsaison 2013 einläutet – und das schon, überaus erfolgreich, zum achten Mal.

Eröffnet wird das Festival in dieser Edition mit einem Dokumentarfilm. In „Kink“ (Christina Voros, USA 2012) wagt sich ein Kamerateam in die heiligen Hallen eines Unternehmens in San Francisco, dass kinky (frei übersetzt: abnorme) audiovisuelle Fantasien für ein gutes Dutzend Bezahl-Websites produziert. Dazu benötigt es weit über hundert Mitarbeiter, von denen einige in „Kink“ zu Wort kommen. Wem das zu trocken ist, kann sich am Eröffnungsabend jedoch auch schon einige Stunden früher mit Programm und Festival vertraut machen: „Valencia“ (Hilary Goldenberg u.a., USA 2013), ein Episodenfilm, in dem sich zwanzig Regisseurinnen und Regisseure an die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Michelle Tea aus dem Jahre 2000 gemacht haben, ist laut Teaser nicht weniger als „Der Lesbenfilm, auf den eine Generation gewartet hat!“

Generell steht das Festival in diesem Jahr aber im Zeichen härterer Gangart. Die Filme zucken zwischen Schlagwörtern wie BDSM, Fetisch oder Cruising. Japanisches Bonding (Workshop) hier, „50 Shades of Dylan Ryan“ (Madison Young, USA 2012) da. William Friedkins Genre-Klassiker „Cruising“ (USA 1980) trifft auf Travis Matthews und James Francos eigenwillige Interpretation „nie gezeigter Szenen“ in „Interior. Leather Bar.“ (USA 2013) und an einem abgeschiedenen, kristallklaren See begegnen sich die zwei schönen Männer Franck und Michel – großartig: „Der Fremde am See“ (Alain Guiraudie, Frankreich 2013).

Weiterlesen: Sandra Schulberg über den Film „Exposed“, der acht Künstlern folgt, die am Rand des Burlesque-Genres arbeiten.

Vielversprechend liest sich ebenfalls das Dokumentarfilm-Programm – eine Sektion, in der sich das Pornfilmfestival traditionell stark zeigt. So beschäftigt sich „Exposed“ (Beth B., USA 2013) mit der sinnlichen Bewegung des Neo-Burlesque in New Yorker Hinterhofkneipen. Filmemacherin Maike Brochhaus lässt in „Häppchenweise“ (Deutschland 2013) sechs Fremde aufeinander los und filmt, was dabei passiert. Die transsexuelle Lettin Julia erhält im gleichnamigen Film von J. Jackie Baier ein bildgewaltiges Portrait. Und das Tabuthema Pädophilie erfährt in „Outing“ (Sebastian Meise & Thomas Reise, Österreich 2012) einer Aufmerksamkeit, fernab von Boulevard und Dämonisierung. Besonderes Highlight dürfte aber die Vorführung von Angela Christliebs „Naked Opera“ (Österreich/Luxemburg 2013) werden, eine Geschichte, die man sich so kaum hätte ausdenken können: allwöchentlich verlässt Marc sein gutsituiertes Leben, um sich seine Lieblingsoper Don Giovanni anzusehen und der Monotonie ein Fest der Lust entgegenzusetzen…

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