Sandra Schulberg und der US-Independent-Film

Versuche, die Welt festzuhalten


Foto:  Schulberg Productions, Inc.

Foto: Schulberg Productions, Inc.

Sandra Schulberg fühlt sich wohl in Berlin. Geboren in Europa und als Kind mit den Eltern in die USA zurückgekehrt, brauchte sie zwanzig Jahre, um sich Amerika anpassen zu können. „Ich habe mich nie als ´reine´ Amerikanerin gefühlt. Ich fühlte mich sehr europäisch als wir in die USA zogen“. Auch deshalb führte ihr Weg immer wieder nach Europa. Sie ist auf Zwischenstopp in Berlin, um bei der Cinema of Outsiders-Retrospektive im Zeughauskino die neue Fassung von „Alambrista!“ zu sehen. Am nächsten Tag geht es weiter nach Russland, dort zeigt sie ihren Film Nuremberg„. „Alambrista!“ wurde Mitte der 70er gedreht. Sie war 26 und es war ihr erster Job beim Film. Einer ihrer Aufgaben bestand darin, die Darsteller zu casten. Sie war die einzige des Teams – neben dem Tonmann – die Spanisch sprach und wurde dadurch unersetzlich für Regisseur Robert Young und Produzent Michael Hausman.

Alambrista!“ erzählt die Geschichte vom jungen Mexikaner Roberto, der illegal in die USA auswandert und anstatt des großen Geldes, die harte Realität widerfährt. Er muss in Hühnerställen schlafen, morgens auf der Straße nach Arbeit suchen und in ständiger Angst vor la migra, der Einwanderungspolizei, leben. Zuhause in Mexiko warten Frau und Tochter auf seine Rückkehr. Die Darsteller sind zum größten Teil Laien, die Sandra frühmorgens am Straßenrand in Kalifornien castete. „Ich stand um drei Uhr morgens auf und ging zu den Orten, wo sich die illegalen Arbeiter sammelten und hofften, dass jemand vorbeifuhr und ihnen Arbeit gab“. So wurden viele Darsteller gefunden. Sie sprach die Männer an, schoss ein Polaroid und brachte die Fotos zum Regisseur Robert Young. „Alambrista!“ ist ein sehr bewegender Film. Nah an der Hauptfigur Roberto, gespielt von Domingo Ambriz, einem mexikanischen Jungschauspieler ohne vorherige Filmerfahrung, wird die Absurdität und Grausamkeit der illegalen Einwanderung aufgedeckt, an Orten gedreht, wo die Darsteller zum Teil selbst ihr Tagewerk erledigen, auf Feldern, in Chicano-Bars und bei Ambriz Familie in Mexiko. Der Film wirkt bisweilen fast dokumentarisch.

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