Sandra Schulberg und der US-Independent-Film

Versuche, die Welt festzuhalten


Schulberg ist noch immer tief berührt von der Geschichte und den Erinnerungen. Sie hat den Film seit zwanzig Jahren nicht gesehen und ist etwas irritiert von der neuen Fassung, bei der Schnitt und Musik geändert wurden. Nach der Vorführung im Zeughauskino steht sie für Fragen der Zuschauer bereit und muss sichtlich mit den Tränen kämpfen, als sie von einer emotionalen Szene an der US-mexikanischen Grenze erzählt. Ausgezeichnet mit der Camera d’Or in Cannes und Preisen auf dem Festival in San Sebástian fand der Film jedoch wenig Anklang in den USA. Unabhängige Filmemacher waren Ende der 70er in den USA schlecht vernetzt. „Es gab etwas Unterstützung für unabhängige Filmemacher, allerdings eher für Avantgarde-Filme. Es gab kaum Filme, die außerhalb der großen Studios produziert wurden. Wir produzierten zwar Filme, aber wo sollten wir sie zeigen?“ Sandra Schulberg hat neben ihrer Tätigkeit als Produzentin daraufhin angefangen, sich für einen Zusammenschluss von Indie-Filmern in den USA einzusetzen. Sie gründete 1979 das Independent Filmmaker Project (IFP), das Filmemacher mit der Filmbranche vernetzt. „Dank des IFP und Dank Robert Redfords Sundance-Initiative hatten wir endlich, und es dauerte viel länger als ich dachte, die Kritiker auf unserer Seite. Schließlich wurde erkannt, dass es eine (Independent-)Bewegung gab. Filmeinkäufer kamen und eine Distribution der Filme war möglich“.


Sandra Schulberg stammt aus einer Künstlerfamilie. Großvater und Vater waren Regisseure, Verwandte Schriftsteller. Doch sie studierte Anthropologie und wollte zunächst Nachrichten produzieren. Glücklich wurde sie damit nicht. Große Geschichten und schwierige Zusammenhänge auf wenige Minuten zu verkürzen, wurde den Geschehnissen nicht gerecht. „Ich fing an, die Beschränkung zu sehen. Ich wurde eingeladen an ´Alambrista!´ mitzuwirken. Und es war eine tolle Kombination für mich, meinen Anthropologie-Hintergrund und meine Erfahrungen aus meiner ´Film´-Familie einbringen zu können. Es war ja quasi wie eine Feldstudie für mich.“ Sie blieb beim Film und produziert bis heute zahlreiche Filme wie den Oscar nominierten „Quills„, „Undisputed“ oder ihren neusten Film „Exposed„. Sie kann auf eine nunmehr 30-jährige Karriere im Filmgeschäft zurückblicken und ist noch immer umtriebig und enthusiastisch. Sie nimmt sich Zeit für Menschen, die am Film interessiert sind, versprüht und überträgt ihre Leidenschaft auf ihre Gesprächspartner. An der Columbia-Universität in New York arbeitet sie als Dozentin und lehrt Filmfinanzierung.

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