Interview mit Regisseur Axel Ranisch zu “Ich fühl mich Disco” – Teil 1

Auf den Wellen des Moments reiten



Deinen Filmen ist eine gewisse Harmonie förmlich anzusehen. Hat das damit zu tun, dass sich die Beteiligten mittlerweile einfach gut kennen?
Ich bin kein Typ, der gerne rumschreit. Ich brauche diese Harmonie und bin gerne mit meinem Team und meinen Schauspielern befreundet. Heiko (Pinkowski) und ich müssen nicht mehr reden, wir verstehen uns mit Blicken und Lauten.

Der Film sollte eigentlich unter dem Namen „Zehn Meter“ dein Debüt werden, oder?
Ja, aus meinem Debüt wurde nun mein dritter Film, aber auch doch der erste, weil weder „Dicke Mädchen“ noch „Reuber“ die 78 Minuten-Marke geknackt haben. Von daher ist „Ich fühl mich Disco“ mein erster Langfilm.

Wie lange hast du an dem Film gearbeitet?
Seit Anfang 2008, also seit über fünf Jahren.

Es gab in der Zeit unheimlich viele Drehbuchfassungen und Änderungen. Hattest du das Gefühl, dass du dich komplett Verrennen könntest?
Das ist passiert. Nach zwei Jahren Drehbuchentwicklung wurde das Buch nicht mehr besser, sondern schlechter. Ich habe die Lust verloren. Wir versuchten Kompromisse zu finden, um Redakteurin, Produzentin und mich glücklich zu machen, aber das ist ausgeufert. Nach vier Jahren habe ich die Notbremse gezogen und gesagt: Gut, dann wird der Film eben nix. Ich höre auf. Man muss auch loslassen können. Anfangs erlitt ich Zusammenbrüche, wenn der Film mal wieder um ein Jahr verschoben wurde. Irgendwann hat sich das relativiert. Es hat mich nicht mehr getroffen.

Du erzählst jetzt recht locker aus dieser Zeit, aber das war damals sicher anders, oder?
Ich bin ein sehr ungeduldiger Mensch und das sollte mein Diplomfilm werden, was nicht klappte. Das war essentiell. Der aufgestaute Frust entlud sich in dem ich „Dicke Mädchen“ drehte. Einfach so. Ohne diesen Frust wäre „Dicke Mädchen“ so nicht entstanden.

Der Film wurde bei diversen Festivals gefeiert. Du warst selbst anfangs nicht komplett von ihm überzeugt. Was hat das mit dir gemacht?
Der Film war so, wie ich angefangen habe, Filme zu machen, bevor ich auf der Filmhochschule war. Mit einer alten, billigen Kamera in der Hand drehte ich mit Freunden improvisierte Filme. Wie man es richtig macht, habe ich dann an der Schule gelernt. Insofern war „Dicke Mädchen“ ein Schritt zurück zu meinen Wurzeln. Da bin ich froh drum. Der Erfolg war unheimlich toll, aber wir sind fleißig geblieben. Nach „Dicke Mädchen“ haben wir nicht nur „Reuber“ und den „Rosakinder„-Film gedreht, sondern auch „Zehn Meter“ wieder in Angriff genommen. Wir probierten es ohne Drehbuch und es entstand „Ich fühl mich Disco„. Plötzlich war so viel zu tun, dass der Erfolg von „Dicke Mädchen“ zwar sehr schön war, aber fast bei den anderen Projekten gestört hat. Für mich hat sich Fassbinders Satz bestätigt, der meinte, um sich vom Erfolg und dem Kritikerurteil unabhängig zu machen, muss der nächste Film schon fertig sein, wenn der vorige ins Kino kommt.

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