Interview mit Ali Samadi Ahadi zu “45 Minuten bis Ramallah”

"Meine Mutter wurde vom Geheimdienst verhaftet"



Macht das die besondere Kraft einer politischen Komödie aus?
Ich hoffe ja. Bei „Salami Aleikum“ war lange Thema, wie ich über dieses Leid, das diese Menschen erleben, über Exil und Flucht, eine Komödie machen kann. Ich glaube aber, dass durch diese Komödie etwas durchbrochen wurde. Das ist die Kraft einer Komödie. Ich liebe Satire-Sendungen über die aktuelle Situation im Iran, obwohl ich „The Green Wave“ gemacht habe und diese Zeit für mich extrem schmerzhaft war. Über Absurdität lachen zu können, eröffnet neue Dimensionen und Aspekte.

Weiterlesen: „The Green Wave“ gewann 2010 den IFA-Award bei Around The World in 14 Films. Hier unser Festivalbericht.

Sie mussten damals nach „The Green Wave“ mit Konsequenzen rechen. Waren Sie seitdem noch einmal im Iran?
Nein.

Wie bewerten Sie die Lage der „Grünen Bewegung“?
Die „Grüne Bewegung“ ist das, was wir als die Bewegung auf den Straßen erlebt haben. Interessant ist, wie hellwach die Menschen sind. Sie warten auf ihren Moment. Die Präsidentschaftswahl war ein solcher Moment. Da haben sie ganz klug gehandelt und gesagt, mit diesem Mann können wir eine gewisse Öffnung schaffen. Ich glaube tatsächlich, dass die Menschen in den Startlöchern stehen.

Was verändert der neue Präsident Hassan Rohani?
Ich verspreche mir die Veränderung nicht direkt durch Rohani, sondern durch die Möglichkeit einer Öffnung der gegenwärtigen Gesellschaft. Ich glaube nicht, dass Rohani ein Mann der Veränderung ist, sondern eher ein Mann des Systems. Seine Intention ist der Machterhalt. Für diesen Machterhalt muss er die Gesellschaft öffnen. Die sind in eine Sackgasse geraten, aus der sie nicht rauskommen. Ich erhoffe mir, dass sich die Menschen im Iran durch diese Öffnung einen Freiraum erschaffen können.
Auch Gorbatschow war kein Mann des Wechsels, sondern ein Mann des Systems. Er war seit eh und je Zentralratsmitglied. Er kam nicht an die Macht, um die Sowjetunion abzuschaffen. Aber durch seine Öffnung gewannen die Menschen mehr Spielraum. Vielleicht schaffen sie das im Iran auch. Ganz viele haben sich gefragt, warum gehen die Leute dort nicht weiter auf die Straße? Im Nachhinein betrachtet haben die Menschen im Iran Weise gehandelt, wenn man nach Syrien und Ägypten schaut. Dasselbe hätte ihnen auch gedroht, wenn sie nur des Wechsels wegen gegen ein System auf die Straße gegangen wären, das alles dransetzt, um die Bewegung zu zerschlagen.

Der Film spielt in Israel und Palästina. Wieso haben Sie in Jordanien gedreht?
Wir wollten wahnsinnig gern alles in Israel und Palästina drehen. Es war unmöglich machbar. Bei jeder Aus- und Einreise musste ich acht Stunden Verhör über mich ergehen lassen. Israelische Schauspieler, die nach Palästina wollten und umgekehrt palästinensische Schauspieler, die nach Israel wollten, wurden ständig nach Hause geschickt und konnten nicht zu unseren Termin kommen.
Deshalb haben wir beschlossen, den Großteil der Dreharbeiten nach Jordanien zu verlagern. Das war die einzige Rettung für uns, trotz der Widrigkeiten. Der Film hat versucht, diese Gesellschaften zusammen zu bringen. Ein so großes Filmteam, mit seinen 80, 90 Leuten, ist doch ein zerbrechliches Wesen. Es gab Kräfte, die uns im Norden Jordaniens verbieten wollten, eine jüdische Straße zu erzählen. Da gab es Auseinandersetzungen. In Israel haben die uns sofort verdächtigt und gefragt, was wir veranstalten. In Palästina kamen Leute auf uns zu und dachten, wir wollen ihr Land besetzen. Zwischen diesen Kräften muss man versuchen so sensibel vorzugehen, wie es nur geht.

Wie haben Sie den Menschen erklärt, dass Sie eine Komödie drehen?
Das ging nur manchmal, denn das Wort Komödie kann da missverstanden werden.

Also kommt es auf Zwischentöne an?
Es ist unheimlich wichtig einen Weg des Dialogs zu finden. Die involvierten Menschen haben die Faxen dicke. Die wollen eine Lösung. Spannend ist, dass der Film von jüdischen und arabischen Filmfestivals eingeladen wird, die mittendrin sind und danach lechzen einen Weg aus dem Konflikt heraus zu finden.

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