Regisseur Hossein Amini im Interview zu „Die Zwei Gesichter des Januars“

"Da ist soviel Gutes in diesem Bösen"



Was ist das Wichtigste, das Viggo Mortensen für die Hauptrolle als Chester MacFarland mitbringt?
Ich liebe ihn und wie er spielt. Wenn er weint, glaubt er das selbst. In seinem Gesicht ist dieses Weiche, diese Verwundbarkeit, diese Zerbrechlichkeit. Er hat keine Scheu davor, das zu zeigen und sucht sich seine Rollen danach aus. Er lässt sich nicht davon einschüchtern, den alten Ehemann zu spielen, der am Ende verliert.

Hat er Ihre Sicht auf Chester verändert?
Ja, ich hatte Chester immer als eine Art Great Gatsby vor mir. Viggo hat einiges aus dem Buch in die Figur zurück gebracht. Er hat keine Angst, sich zu blamieren. Im Film übergibt er sich in einer Szene. Ich habe noch nie einen Schauspieler gesehen, der sich in einem Film so gut übergibt. Wie er seinen Kopf auf die Toilettenschüssel legt… Er hat die Fähigkeit, Wahrhaftigkeit zu finden. Er hat keine Furcht davor, eklig zu sein.

Sie scheinen in gleicher Weise Interesse an menschlichen Charakteren, wie an gebrochenen Personen zu haben…
Am Ende gewinnt immer das Leben, egal ob du der beste Sportler oder der tollste Regisseur bist. Das ist zwar ein wenig traurig, aber am Ende zählt, wie du dich als menschliches Wesen benimmst. Das mochte ich zuerst am Buch. Chester entschließt sich irgendwann, Rydal frei zu lassen. Bei Testscreenings gefiel das einigen Zuschauer nicht. Die wollten, dass er in den Knast wandert oder eine andere Auflösung. Für mich war diese Menschlichkeit, im Moment des Todes, das Überraschende am Buch. Die Figuren sind einerseits gemein, aber eben auch oft nett. Sie vereinen schwarz und weiß in sich.

Warum liebt das Publikum solche Gauner?
Diese Figuren leben eine dunkle Seite aus, aber nicht, indem Sie Leute verletzen, sondern indem sie betrügen. Chester tut das zwar, aber er ist nicht böse, denke ich. Da ist soviel Gutes in diesem Bösen. Sie sind so menschlich, sind schwach. Sie spielen und gewinnen Geld, spielen aber weiter, bis sie verlieren. Sie leben in den Tag hinein, das hat Charme.

Warum war es so schwierig die Leute von diesem Buch zu überzeugen?
Es war eines der Highsmith Bücher, das recht kritisch aufgenommen worden war. Normalerweise hast du maximal zwei neurotische Charaktere, ich hatte aber drei. Das war problematisch. Eine Geschichte, in der sich drei Menschen gegenseitig zerstören, ist nicht einfach.

1 2 3