Best of Berlin Beats bei interfilm



Der dokumentarische Kurzfilm „Aleyna – Little Miss Neukölln“ (Stepan Altrichter, Stefan Höh, 2011) portraitiert ein türkisches, molliges Mädchen, deren größter Traum es ist, als Bollywood-Tänzerin auf der Bühne zu stehen. Zwar ist der Film rührend anzusehen und geht auch ans Herz, leider beutet er aber die Tapsigkeit der übergewichtigen Protagonistin aus.

Experimenteller wird es in der Bild- und Soundcollage „Ostkreuz“ (Tom Kretschmer, Laura Geiger 2007), welche den Umbau der S-Bahnstation beschreibt und auch anprangert. Mal wuchtig, mal leise wird die Veränderung in melancholischer Andacht erzählt. Schon erstaunlich, wie wenig Menschen hier zu dieser Zeit unterwegs waren.

Markus Muthig, der Filmemacher von „Berlin spricht“ (2010) sammelt Unmengen von Street Art Zitaten und kreiert daraus einen Hip-Hop Track für seinen Kurzfilm. Ein schönes Konzept und echte Fleißarbeit.
Wirklich überraschend ist der Protagonist des nachfolgenden Films: „Aargh“ (Philip Hillers, 2009). Ein rotes, etwas grobschlächtiges, aber überaus liebenswürdiges Monster berichtet von seinem Werdegang als Filmstar und seiner neuen Karriere als Berliner Zoowärter. Ein Film der nicht nur durch seine Effekte überzeugt, sondern auch seine Erzählweise.
Man kann sie mögen oder auch nicht: Marion Pfaus. In ihrer gewohnt hastigen, wortgewandten Art weist sie auf Missstände in Berlin hin. In ihrem Kurzfilm „Humboldt 21“ (2011) legt sie die Absurdität des Rückbaus des Berliner Schlossplatzes offen.

Das furchtbar stereotype Hip-Hop Musikvideo „Meine Stadt“ (VNA – Verbal Riot & Acoustic View, 2007) reißt Themen wie Hektik, schlechte Luft, soziale Gegensätze und aufgemotzte Gegenden an, bleibt aber immer platt und wirkt heute etwas belanglos. Trotzdem ist es ein legitimer Zeitzeuge der 00er.
Als Rausschmeißer wird „Fliegenpflicht für Quadratköpfe“ (Stephan Müller, 2004) serviert – ein Experiment, das beweist, dass Filmemachen auch einfach nur Spaß machen kann und wie einer der letzten Ausläufer der U-Kunst der 90er daherkommt. Imperfekt, kantig, spontan und ideenreich finden unzählige kleine Interventionen mit Berlin statt. Ein gelungener Abschluss, der noch einmal all das vereint, was die 00er Jahre der Hauptstadt auszeichnet.

Am späten Freitagabend und am Sonntag wird es noch einmal die Gelegenheit geben, dieses Delikatessen-Programm zu entdecken. Eine fantastische Gelegenheit, um in verspielter Melancholie in die kürzeste Vergangenheit der Hauptstadt einzutauchen. SD sei Dank.

André Kirchner

Best of Berlin Beats
13.11.2015, 23:00 h, Roter Salon
15.11.2015, 20:00 h, Il Kino

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